Streiks, Pannen, Abzocke Vieles ist schöner als Fliegen

Mallorca 12 Euro, Wien 40 Euro. Hin und zurück, versteht sich. Einige Billig-Flugangebote von gestern. Die in Wahrheit keine sind. Abzocke für jedes Extra, im Flieger, am Boden. Und grenzenlos ist die Freiheit über den Wolken auch nicht mehr.

Streiks, Pannen, Abzocke: Vieles ist schöner als Fliegen
Foto: SZ/Roby Lorenz

Sie beträgt meistens nur noch 71 Zentimeter, dann kommt der nächste Sitz. Das Handgepäck zu Füßen, weil die Ablagen mit Koffern verstopft sind. Was passiert bloß, wenn diese Maschinen wirklich mal schnell evakuiert werden müssen? Von wegen, nur Fliegen ist schöner. In langen, langen Schlangen stehen. Kontrollen, warten, drängeln.

Das Wachstum des Flugverkehrs ist seit dem Auftauchen der Billiganbieter geradezu explosionsartig verlaufen. Doch die Infrastruktur, die Regeln und die Personalausstattung sind nicht gleich schnell mitgewachsen. Die alte, elitäre Kultur des Fliegens ist tot. Die neue ist chaotisch und oft entwürdigend. Kleine Fehler bei den Sicherheitschecks in München und Frankfurt haben in diesem Sommer Zigtausende für ganze Tage in den Hallen stranden lassen. Am Freitag geht es weiter, dann streiken die Piloten von Ryanair. Endlich wehrt sich eine Belegschaft gegen das Lohndumping, das die Kehrseite des Preisdumpings ist.

Die Anbieter sagen, sie hätten das Reisen demokratisiert. Jeder könne sich jetzt ein fernes Urlaubsziel leisten. Das stimmt. Zugleich aber haben sie das Reisen auch zerstört. Sie haben das Flugzeug zu einem ebenso unwürdigen Ort gemacht, wie es die Massenquartiere in vielen Urlaubsorten schon sind. Nur saufen kann man nicht so hemmungslos; die Bordverpflegung ist dafür zu teuer. Noch haben die Zustände nicht die Sicherheit berührt. Das grenzt an ein Wunder. Aber wer behauptet, man könne das ungebrochen so fortsetzen, ohne das irgendwann irgendwo ein Fehler passiert, der aus einer Kombination von Überforderung und Unterbezahlung resultiert, der ist ein Träumer.

Es ist an der Zeit, auch für die Qualität des Fliegens Mindeststandards zu formulieren. Und zwar bis ins Detail, am Boden wie in der Maschine. Am besten freiwillig, das wäre Sache der nationalen und internationalen Verbände. Doch wenn sie sich nicht einig sind, muss die EU Vorgaben machen. Das mag als Eingriff in das freie Wirtschaften erscheinen, aber hier geht es um Verbraucherschutz und grundlegende Arbeitnehmerrechte. Die Fluggesellschaften würden die Passagiere am liebsten noch im Stehen unterbringen.

Das ist das eine. Das andere: Mindestens das innerdeutsche Fliegen wäre überflüssig. Das hat – nach anfänglichen Problemen – der Erfolg der neuen Schnellbahnstrecke Berlin-München gezeigt. Das könnte auch für Randlagen wie das Saarland gelten, wenn die Verbindungen besser wären. Die Regierung sollte das Bahnfahren weiter systematisch fördern, etwa durch eine Senkung der Mehrwertsteuer auf die Tickets. Und den Parallel-Flugverkehr ebenso systematsich verteuern. Da ist, Stichwort Einführung einer Kerosinsteuer, sehr viel Luft nach oben.

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