Videoüberwachung mit Ansage

Warum ist eine Neuregelung notwendig?Eine ganze Serie von Bespitzelungsskandalen etwa bei Bahn und Telekom, aber auch bei Handelsketten wie Lidl, hatte den Druck auf die Politik verstärkt, für eine Neuregelung der Videoüberwachung zu sorgen. Wie sieht die aktuelle Vorlage konkret aus?Auch nach geltendem Recht waren einige Bespitzelungsfälle bereits illegal

Warum ist eine Neuregelung notwendig?Eine ganze Serie von Bespitzelungsskandalen etwa bei Bahn und Telekom, aber auch bei Handelsketten wie Lidl, hatte den Druck auf die Politik verstärkt, für eine Neuregelung der Videoüberwachung zu sorgen.

Wie sieht die aktuelle Vorlage konkret aus?

Auch nach geltendem Recht waren einige Bespitzelungsfälle bereits illegal. Allerdings gibt es Grauzonen. Deren Beseitigung versprechen sich Union und FDP von der neuen Vorlage. Sie sieht vor, dass jede "Erhebung, Verarbeitung und Nutzung" von Daten in einem Beschäftigungsverhältnis unter dem Vorbehalt steht, dass sie erforderlich sein müsse. Außerdem dürften ihnen keine wichtigeren Interessen der betroffenen Mitarbeiter entgegenstehen. Dies gelte etwa für Fragen im Bewerbungsgespräch oder die Anordnung von ärztlichen Untersuchungen. Der Opposition sind die Formulierungen zu schwammig. "Das sind offenbar bewusst gewählte unbestimmte Rechtsbegriffe", meinte der Innenexperte der SPD, Michael Hartmann, gegenüber der SZ. So könne man etwa unter "Erforderlichkeit" alles Mögliche verstehen.

Was ist noch vorgesehen?

Frei zugängliche Internet-Daten über einen Mitarbeiter dürfen die Personalchefs uneingeschränkt nutzen. In sozialen Netzwerken wie Facebook dürfen sie sich aber nicht als "Freunde" eines Bewerbers ausgeben. Tabu ist eine heimliche Videoüberwachung in Umkleideräumen und Toiletten. Auch müssen Betriebsvereinbarungen so geändert werden, dass sie den gesetzlichen Standard in den Unternehmen nicht mehr unterschreiten, wie das bislang möglich ist.

Was sind die Bedenken der Kritiker?

Die Arbeitgeberseite hadert damit, dass Unternehmen und Betriebsrat keinen geringeren Datenschutz mehr vereinbaren können. Bei den Gewerkschaften verweist man darauf, dass die offene Videoüberwachung künftig ohne zeitliche Beschränkung möglich sei. Und das auch bei Qualitätskontrollen. "In Wirklichkeit wird der Datenschutz für die Arbeitnehmer nicht ausgeweitet, sondern durch die Hintertür beschnitten", meinte auch der SPD-Innenpolitiker Hartmann.

Wie geht es jetzt weiter?

Laut Koalition soll das Gesetz bereits Ende Januar im Bundestag verabschiedet werden. Nach Einschätzung von Hartmann ist es aber unmöglich, die Änderungsanträge bis dahin qualifiziert zu beraten. Die SPD werde deshalb im Bundestagsinnenausschuss am Mittwoch die Absetzung einer Beschlussfassung beantragen, so Hartmann. "Ich warne die Koalition davor, das Gesetz mit der Brechstange durchdrücken zu wollen und damit wie einst beim Melderecht in ein politisches Desaster hinein zu laufen."

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