Union gibt Hanf nicht frei

Saarbrücken · Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion will Cannabis legalisieren. Sofort schlägt ihm Kritik aus der restlichen Union um die Ohren. Auch im Saarland hält die CDU gar nichts von dem Vorschlag.

"The High State" lautet der Spitzname des US-Bundesstaats Colorado, des höchstgelegenen aller amerikanischen Staaten. "The High State" - ein Schelm, wer da an anderes denkt: als "high" bezeichnet man nämlich auch jemanden, der sich im Drogenrausch befindet. Und Colorado ist tatsächlich im Rausch: Seit Anfang 2014 sind dort Verkauf und Besitz von Cannabis legal, jetzt sprudeln die Steuereinnahmen , Wirtschaft und Tourismus brummen.

Während in den USA immer mehr Staaten dem Beispiel Colorados folgen, ist Deutschland aber noch lange nicht so weit. Auch wenn sich viele Legalisierungsfreunde bereits Hoffnungen gemacht haben, weil ausgerechnet der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Joachim Pfeiffer (CDU ), sich gerade für eine Freigabe stark machte. "Nur ein regulierter Markt für Cannabis kann organisierte Kriminalität wirksam bekämpfen", heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme Pfeiffers mit seinem Grünen-Kollegen Dieter Janecek. Außerdem sei mit zusätzlichen Steuereinnahmen zu rechnen. Und wenn sich schon ein ranghoher CDU-Mann dafür einsetzt, dann kann der Weg zur Freigabe doch nicht mehr weit sein?

Aber danach sieht es nicht aus. Bloß eine "Einzelmeinung" sei das, schallt es aus allen Teilen der Union. "Wir brauchen keine zusätzliche legale Droge, wenn wir mit Alkohol und Tabak schon genügend Probleme haben", sagt die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU ). Ein "falsches Signal" sei die Forderung, meint CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn.

Auch die Jüngeren in der Union stimmen in die Kritik ein. Der Saarland-Vorsitzende der Jungen Union, Alexander Zeyer (CDU ), befürchtet im SZ-Gespräch einen steigenden Drogenkonsum von Erwachsenen und Minderjährigen, sollte es zur Legalisierung kommen. In das gleiche Horn bläst der saarländische Gesundheitsstaatssekretär Stephan Kolling (CDU ): "Es wird geschätzt, dass es im Saarland 30 000 Nutzer von Cannabis gibt. Davor können wir die Augen nicht zumachen." Cannabis sei gesundheitsschädlich und eine Einstiegsdroge. Mit dem Cannabis-Konsum gingen Erwartungen einher, zu entspannen, "in andere Welten einzutauchen". "Und wenn man merkt, das macht Spaß, will man mehr", meint er.

Die Linke ist da ganz anderer Meinung: "Das Verbot und die Kriminalisierung machen den Umgang mit Cannabis viel gefährlicher, als wenn in einer offenen Gesellschaft damit verantwortungsvoll umgegangen wird", springt der saarländische Bundestagsabgeordnete Thomas Lutze seinem CDU-Kollegen Pfeiffer bei. Aber in der Union selbst bleibt Pfeiffer auf diesem Weg der Drogenbekämpfung eben allein auf weiter Flur.

Staatssekretär Kolling kündigt zwar eine "Neuausrichtung" der Drogen- und Suchtpolitik im Saarland an. Mit Hilfe eines Expertenbeirats solle im Gesundheitsministerium überlegt werden, wie sich Angebote zur Sucht-Prävention und -Betreuung ausbauen ließen. Mit einer Neuausrichtung im Sinne Pfeiffers, der Cannabis legalisieren will, hat das freilich wenig zu tun.

Meinung:

NurMut!

Von SZ-Redaktionsmitglied Lars Reusch

Schade! Dem CDU-Bundestagsabgeordneten Joachim Pfeiffer gebührt Lob für diesen Vorstoß zur Legalisierung von Cannabis. Aber nicht ganz unerwartet blockt die Union sofort ab: Den Mindestlohn hat sie gerade erst geschluckt, die doppelte Staatsbürgerschaft, und dann soll sie auch noch Cannabis freigeben? Puh! Irgendwie muss sie ja beweisen, dass sie noch als konservativ gelten darf.

Dabei würde die Freigabe Sinn ergeben. Cannabis ist nicht gesundheitsschädlicher als Alkohol oder Tabak. Und wer Gras rauchen will, der kann das auch, ob legal oder verboten. Durch einen regulierten Markt würden die Konsumenten nicht mehr ins kriminelle Drogenmilieu gezwungen, wo sich auch die harten, wirklich gefährlichen Drogen befinden. Erst dadurch wird Cannabis zur Einstiegsdroge.

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