Teure Kompromisse Schwarz-Rot lässt sich die Rente was kosten

BERLIN Mit dem jüngsten Verhandlungs-Kompromiss von Union und SPD kommen auf die Rentenkasse in den nächsten Jahren zusätzliche Milliardenausgaben zu, die nicht durch Beiträge gedeckt sind, auch wenn diese zum Teil erst in der Zukunft anfallen. Schon in ihrem Sonderungspapier hatten sich Union und SPD darauf verständigt, das Rentenniveau bis einschließlich 2025 bei mindestens 48 Prozent vom jeweils aktuellen Durchschnittslohn zu halten. Formal betrachtet ist das wenig ambitioniert. Denn gegenwärtig liegt das Niveau bei 48,2 Prozent. Und nach der aktuellen Prognose soll es bis 2020 sogar auf 48,3 Prozent steigen. Erst für das Jahr 2025 wird von einem Absinken auf 47,4 Prozent ausgegangen. Um die 48 Prozent beim Rentenniveau auch 2025 zu halten, wären laut Rentenversicherung drei Milliarden Euro zusätzlich erforderlich.

Festgelegt wurde auch, dass der Rentenbeitragssatz bis 2025 den Wert von 20 Prozent  nicht übersteigen soll.  Auch das ist erst einmal wenig spektakulär. Denn nach Schätzung der Rentenversicherung wird eine Überschreitung dieses Werts ohnehin erst für das Jahr 2025 erwartet. Dann sollen es 20,1 Prozent sein. Gegenwärtig liegt der Rentenbeitrag bei 18,6 Prozent. In den geltenden Prognosen der Rentenversicherung sind allerdings noch keine zusätzlichen Ausgaben für folgende drei zentrale Maßnahmen eingerechnet, die Union und SPD jetzt festgezurrt haben.

Schon in der vergangenen Wahlperiode hatte die CSU bei der Mütterrente milliardenschwere Verbesserungen durchgesetzt. Künftig sollen nun auch noch Mütter bessergestellt werden, die vor 1992 mindestens drei Kinder zur Welt gebracht haben. Union und SPD rechnen dafür mit zusätzlichen Kosten von jährlich 3,4 Milliarden Euro, die nicht durch Beiträge gedeckt sind. Trotzdem soll es offenbar nur einen sehr geringen Teilausgleich durch Steuermittel geben – wenn überhaupt.

Für  Erwerbsgeminderte gab es zuletzt ebenfalls mehr Geld, denn viele Betroffen leben am Rande des Existenzminimums. Durch eine deutliche Anhebung  der Zurechnungszeiten soll sich die Lage von Erwerbsgeminderten nun weiter verbessern. Kostenpunkt: im Durchschnitt etwa eine Milliarde Euro pro Jahr, die ebenfalls  aus Beitragsmitteln zu finanzieren sind. Das ist an dieser Stelle unstrittig, denn es handelt sich um eine originäre Versicherungsleistung.

Wer wenig verdient hat, aber auf mindestens 35 Versicherungsjahre kommt, soll zudem künftig eine Rente erhalten, die zehn Prozent über dem Grundsicherungsniveau am jeweiligen Wohnort liegt. Voraussetzung für diese Grundrente ist eine Bedürftigkeitsprüfung. Die selbstgenutzte Immobilie sollen Betroffene  aber behalten dürfen. Bei der Grundrente  werden vergleichsweise niedrige Kosten erwartet. Und zwar im dreistelligen Millionenbereich. Dem Vernehmen nach soll diese zusätzliche Leistung aus Steuermitteln finanziert werden.

Selbst wenn es begrenzte Zuschüsse geben sollte, bleiben pro Jahr also  immer noch mehrere Milliarden zusätzlich, die auf die Rentenkasse zukommen. Sprudeln die Beitragseinnahmen dank guter Konjunktur weiter, dürfte das zunächst einmal  verkraftbar sein. In Unionskreisen  geht man allerdings davon aus,  dass spätestens in der kommenden Wahlperiode höhere Zuschüsse nötig sein werden, um die „doppelte Haltelinie“  nach unten beim Rentenniveau und nach oben beim Beitrag halten zu können. „Ab 2020 wird der Tag kommen, an dem wir  zusätzliche Steuermittel brauchen“, hieß es dort. Der Rentenexperte der Grünen, Markus Kurth, sprach deshalb gestern auch von „Publikumstäuschung“. Das Rentenniveau werde schneller sinken und der Beitragssatz schneller steigen als von Schwarz-Rot versprochen.

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