Analyse Frankreichs Konservative gibt sich ein neues Gesicht

PARIS Der Wahlkampf ist vorbei, es lebe der Wahlkampf. Dieses Motto gilt in den kommenden Wochen für die französischen Konservativen. Ein gutes halbes Jahr nach ihrer Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen wählt die größte Oppositionspartei im Dezember eine neue Führung. Der haushohe Favorit Laurent Wauquiez, Präsident der Region Auvergne-Rhône-Alpes, begann seine Kampagne für den Parteivorsitz am Mittwochabend mit einem Auftritt im südfranzösischen Mandelieu-la-Napoule. In der Hochburg der Konservativen versuchte der 42-Jährige, die mehr als tausend Zuhörer davon zu überzeugen, dass er die Wunden der Vergangenheit heilen und die Partei einen kann.

Der Absolvent mehrerer Eliteuniversitäten steht für einen stramm rechten Kurs, mit dem Wauquiez ähnlich wie vor ihm schon Nicolas Sarkozy versuchen will, dem Front National Wähler abzujagen. Gleichzeitig muss er aber versuchen, die gemäßigten Republikaner zu überzeugen, die nach der Niederlage von Alain Juppé bei den Vorwahlen verwaist sind. Einige von ihnen, wie Regierungschef Edouard Philippe, liefen ins Lager von Präsident Emmanuel Macron über. Andere bildeten in der Nationalversammlung die Gruppe der „Konstruktiven“, die Macrons Politik unterstützt.

„Laurent Wauquiez wird unsere Familie zusammenbringen, unsere wirkliche Familie und nicht diejenigen, die sie verraten haben“, sagte Eric Ciotti in seiner Einführungsrede. Der Abgeordnete setzt ganz auf den groß gewachsenen Grauhaarigen, um 2022 seiner Partei endlich den lang ersehnten Wahlerfolg zu bringen. Denn nachdem die Republikaner für 2017 schon wie die sicheren Sieger aussahen, vermasselten die Affären François Fillons den erhofften Einzug in den Elysée. „Wauquiez ist das junge Gesicht einer alten Rechten“, schreibt der Journalist Alain Duhamel in einem Beitrag für die Zeitung „Libération“. Genau das scheinen die Republikaner jetzt auch zu suchen.

„Macron will, dass Frankreich sich verleugnet, um Erfolg zu haben. Wir denken, dass Frankreich sich wieder finden muss, um erfolgreich zu sein. Frankreich muss seine Werte wieder finden“, gab Wauquiez in Mandelieu-la-Napoule schon einmal die Stoßrichtung vor. Seine Rhetorik erinnert an die Sarkozys, dessen Segen Wauquiez bereits hat: Der Ex-Präsident, der sich als eine Art Familienvater der Republikaner versteht, empfing zwar alle drei Kandidaten für das Amt des Parteivorsitzes. Doch für den Juppé-Anhänger Maël de Calan und die frühere Fillon-Sprecherin Florence Portelli waren das eher symbolische Termine.

Bei der parteiinternen Abstimmung am 10. Dezember und 17. Dezember haben Portelli und de Calan ohnehin kaum eine Chance. Wauquiez will sich aber nicht auf dieser Perspektive ausruhen und führt einen engagierten Wahlkampf für einen Sieg schon im ersten Wahlgang. Sein Kalkül: Ein gutes Ergebnis macht ihn zum natürlichen Präsidentschaftskandidaten für 2022. Dem Ex-Minister, der für seine EU-skeptischen, einwanderungsfeindlichen und reaktionären Positionen bekannt ist, werden allerdings nicht alle Republikaner folgen. Wegen seiner ideologischen Nähe hatten FN-Politiker wie Marion Maréchal-Le Pen Wauquiez dagegen bereits als möglichen Partner ausgemacht. Ein Angebot, das dem ehrgeizigen 42-Jährigen in seiner Kampagne für den Parteivorsitz nicht gelegen kommt. „Wenn ich gewählt werde, wird unser Kurs sehr klar sein: keine Allianz mit dem Front National“, stellte Wauquiez klar.

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