„Tourismus findet nicht unter der Käseglocke statt“

Reiseziele sind nicht beliebig austauschbar, sagt Antje Monshausen von der Organisation „Tourism Watch“. Gut informieren, statt gleich nach Spanien umbuchen, rät sie Touristen im Gespräch mit SZ-Redakteurin Iris Neu.

Der Türkei-Tourismus steckt in einer Krise. Liegt es an der Terrorangst oder spielt da auch das Thema Flüchtlinge eine Rolle?

Monshausen: Terrorangst, also das subjektive Gefühl, in Gefahr zu sein, ist der Urlaubsschreck schlechthin. Das Thema Flüchtlinge hat da wesentlich weniger Einfluss auf den Tourismus.

Ist es notwendig, sich über die politische Situation des jeweiligen Reiseziels Gedanken zu machen?

Monshausen: Ja, es wäre schön, wenn sich Menschen stärker für die Situation der Länder, in die sie reisen, interessierten. Oft sind Urlaubsländer zu wenig im Blick der Öffentlichkeit. Wie etwa die Malediven, das diesjährige Partnerland der Internationalen Tourismusbörse. Da kommen oft Rückmeldungen von Touristen , die sagen, sie hätten von den dramatischen Menschenrechtsverletzungen nichts gewusst. Dabei sind genügend Informationen vorhanden - gerade in Zeiten des Internets.

Mal abgesehen vom Sicherheitsaspekt: Im Zweifel eher hinfahren, oder es bleiben lassen?

Monshausen: Diktaturen und autokratische Staaten profitieren natürlich ökonomisch vom Tourismus. Sie setzen auch ganz bewusst auf den Tourismus, um ihr Image aufzupolieren. Gleichzeitig bietet der Tourismus die Möglichkeit, mit Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen kann, sich also selbst ein Bild zu machen. Tatsächlich würde ich von solchen Ländern abraten, in denen es unmöglich ist, mit der Bevölkerung in Kontakt zu treten.

Gibt es noch sichere Reiseziele ?

Monshausen: Tourismus findet nicht unter der Käseglocke statt. Gerade auch in den Ländern, von denen es momentan heißt, sie seien unsicher, gibt es sichere Ziele. Meist sind es einzelne Landesteile, die ein Sicherheitsrisiko haben. So ist die Alternative etwa zu Tunesien nicht Spanien, sondern ein anderes Reisen in Tunesien. Es ist traurig, wenn so getan wird, als könne ein Land durch das andere ersetzt werden. Deshalb würde ich mir von der Tourismuswirtschaft wesentlich mehr Anstrengungen wünschen, um Reisenden die Unsicherheit zu nehmen.

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