Therapie statt Tod

Brüssel · Frank Van Den Bleeken wollte seinem Leben ein Ende setzen. Dafür ging der Sexualstraftäter vor Gericht und erhielt Recht. Doch nun kommt es anders: Kein Arzt will ihm Sterbehilfe leisten.

Er ist der erste Sexualstraftäter Belgiens, der seiner langen Gefängnisstrafe mit dem Tod durch aktive Sterbehilfe ein Ende setzen wollte. Nun ist um Frank Van Den Bleeken ein Justizkrimi entbrannt. Der Termin für kommenden Sonntag stand schon fest. Doch in letzter Minute wurde das Verfahren gestoppt. Der behandelnde Arzt in Brügge lehnte gestern unterwartet ab, die tödliche Injektion zu verabreichen.

Seit mehr als 30 Jahren ist Van Den Bleeken hinter Gittern. Der 51-Jährige sitzt in Turnhout im Nordosten Belgiens, einer normalen Justizvollzugsanstalt, obwohl er als unzurechnungsfähig eingestuft wurde. Er weiß, dass er anders ist. Gefährlich. Deshalb wollte er sterben. Vor Gericht hatte sich der Flame, der wegen Mordes und Vergewaltigung verurteilt wurde, im vergangenen September durchgesetzt. Nun bleibt es ihm verwehrt, weil kein Arzt bereit ist, aktive Sterbehilfe zu leisten. Der Krankentrakt des Gefängnisses in Brügge war die letzte Station: Zuvor hatten bereits alle Krankenhäuser abgelehnt.

Als junger Mann, mit 25 Jahren und bereits als Sexualstraftäter verurteilt, verging Van Den Bleeken sich an mehreren Frauen, eine von ihnen brachte er um. Nach sieben Jahren kam er erneut probeweise frei. In kurzer Zeit suchte er sich drei neue Opfer. Erst danach beschloss die belgische Justiz, das "Monster", wie der Mann in den lokalen Medien zunehmend umschrieben wird, nie mehr aus der Zelle zu lassen.

Doch eine Therapie wurde Van Den Bleeken bislang verwehrt. Daher wuchs dessen Wunsch, aus dem Leben zu scheiden. "Ich werde kein besserer Mensch, indem man mich 23 Stunden am Tag in meine Zelle einschließt", erzählte der Straftäter: "Ich fühle mich nicht mehr wie ein Mensch. Ich warte nur noch." Er wartete auf den Tod. Einen Psychiater soll er in drei Jahrzehnten nur ein einziges Mal gesehen haben. Damit begründete Van Den Bleeken später seinen Antrag auf Sterbehilfe , der im vergangenen September bestätigt wurde.

14 Mal hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg das Land bereits wegen "unangemessener Unterbringung" von Sexualstraftätern in belgischen Gefängnissen verurteilt. Justizminister Koen Geens versprach nun Besserung. Allerdings gibt es im ganzen Land nur eine einzige Einrichtung, die psychisch gestörte Delinquenten aufnehmen kann. Das Forensisch Psychiatrische Zentrum in Gent eröffnete im November 2014. Dorthin soll Van Den Bleeken nun verlegt werden, um ihm anschließend die "passende Behandlung" zukommen zu lassen, wie das Justizministerium mitteilte. Darum hatte er jahrelang gebeten.

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