Wikileaks stellt Clinton bloß

Philadelphia · Dorniger Start für Hillary Clinton in den wichtigsten Parteitag ihres politischen Lebens: Der Nominierungs-Konvent in Philadelphia wird von einer E-Mail-Affäre überschattet. Clinton bekam offenbar Hilfe von der Parteispitze, um ihren Gegner Bernie Sanders in Schach zu halten.

Mit der Last einer neuen E-Mail-Affäre und dem Rücktritt von Parteichefin Debbie Wasserman Schultz ist Hillary Clinton holprig in ihren Nominierungsparteitag in Philadelphia gestartet. Mitglieder des Parteivorstands der US-Demokraten hatten anscheinend aktiv versucht, den Vorwahlkampf des linksliberalen Senators Bernie Sanders gegen Clinton zu unterlaufen.

Die Enthüllungsplattform Wikileaks hatte am Freitag fast 20 000 gehackte E-Mail-Kommunikationen von Mitgliedern und Mitarbeitern des Parteivorstands veröffentlicht. Aus einer davon geht anscheinend hervor, dass Parteioffizielle überlegten, wie Sanders' religiöse Einstellung zugunsten von Clinton genutzt werden könnte. Demnach diskutierten sie darüber, vor den Vorwahlen in zwei tief religiösen Staaten ins Spiel zu bringen, dass Sanders möglicherweise Atheist sei. Es ist ein weiterer Hinweis darauf, dass Clinton viel mehr Mühe als erwartet hatte, ihren innerparteilichen Rivalen Sanders im Vorwahlkampf abzuschütteln. Sie kann auf dem Parteitag nur mit Hilfe von Superdelegierten nominiert werden - das sind Parteifunktionäre und Mandatsträger, die nicht an Wahlergebnisse gebunden sind. Das Sanders-Lager hatte dies stets als undemokratisch thematisiert.

Sanders hatte im Vorwahlkampf wiederholt beklagt, dass das parteiinterne Auswahlverfahren manipuliert sei. Erst kürzlich hatte er nach einem überraschend engen Rennen offiziell seine Niederlage eingeräumt und sich hinter Clinton gestellt. Er erklärte nach den jüngsten Enthüllungen, auch weiterhin die Wahl von Clinton unterstützen zu wollen. Hunderte Anhänger von Sanders demonstrierten im von Tausenden Polizeikräften hermetisch gesicherten Philadelphia und beteuerten, keinesfalls für Clinton stimmen zu wollen. Sanders selber sagte, dass ihn die E-Mails nicht überrascht hätten. Ein Parteivorstand müsse unparteiisch sein, und der derzeitige sei es nicht gewesen. Zugleich rief er jedoch dazu auf, sich jetzt auf eines zu konzentrieren: "Donald Trump muss geschlagen, Hillary Clinton Präsidentin werden."

Clintons Wahlkampfmanager Robby Mook machte die russische Regierung für den Hacker-Angriff verantwortlich. Damit solle Clinton geschadet und die Kampagne des Republikaners Trump unterstützt werden, sagte er im US-Fernsehen. Mook berief sich auf die Einschätzung von Sicherheitsexperten. Parteichefin Wasserman Schultz kündigte schon am Sonntag an, dass sie nach dem viertägigen Konvent in Philadelphia zurücktreten wird.

Der Start für den eigentlich als Krönungsmesse für Clinton inszenierten Parteitag geriet auch durch eine aktuelle Umfrage des US-Senders CNN in schwieriges Fahrwasser. Demnach liegt Trump nach seiner Nominierung in Cleveland um drei Prozentpunkte vor Clinton. 48 Prozent der US-Amerikaner würden ihn wählen. Die ehemalige Außenministerin und First Lady wird von 68 Prozent der Bürger als "nicht glaubwürdig" eingestuft.

Trump erklärte zuletzt, hart gegen Terrorismus vorgehen zu wollen. Und das könnten auch bald Deutsche und Franzosen zu spüren bekommen. Denn der Republikaner will im Falle eines Wahlsiegs Einreisende aus den "vom Terrorismus betroffenen Staaten" Deutschland und Frankreich "extremen" Kontrollen unterziehen.

Meinung:

Fehlstart für die Demokraten

Von SZ-Mitarbeiter Friedemann Diederichs

Es ist ein klassischer Fehlstart: Unmittelbar vor dem Parteitag der Demokraten muss die Parteichefin zurücktreten, weil sie ihre Neutralitätspflicht gegenüber den Spitzenkandidaten für die Präsidentschaft verletzt und die gute Freundin Hillary Clinton gefördert hat. Die pikante Frage ist nun, in welchem Ausmaß die neuerliche E-Mail-Affäre der Kandidatin schadet - und ob wirklich Russlands Präsident Wladimir Putin, der aus seiner Vorliebe für Trump keinen Hehl macht, sie angeschoben hat.

Es würde nicht wundern, wenn am Wahltag ein Teil der Bernie-Sanders-Fans zu Hause bliebe. Die Missstimmung unter ihnen ist jetzt noch gewachsen. Davon würde Trump profitieren. Und der Kreml, sollte er tatsächlich in der US-Politik aktiv mitspielen.

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