„Union und SPD sind sich viel zu ähnlich“

Der ehemalige Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi, kritisiert seine Nachfolgerin Sahra Wagenknecht und erläutert, warum die Union besser in die Opposition gehen sollte. Mit Gysi sprach SZ-Korrespondent Stefan Vetter.

 Mit seinen bald 69 Jahren strebt Gysi nicht mehr nach einem Ministeramt im Bund. Foto: dpa

Mit seinen bald 69 Jahren strebt Gysi nicht mehr nach einem Ministeramt im Bund. Foto: dpa

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Ihre Amtsnachfolgerin Sahra Wagenknecht hat Donald Trump mit der Bemerkung geadelt, der habe wirtschaftspolitisch mehr drauf als Angela Merkel. Brechen jetzt auch in der Linken alle Populismus-Dämme?

Gysi: Nein. Es ist ein berechtigtes Bedürfnis, populär zu sein. Aber man darf die Dinge nicht unzulässig vereinfachen.

Das heißt, Sie würden sich den Satz nicht zu eigen machen?

Gysi: Ich hätte ihn so nicht benutzt, aber sie wollte zurecht darauf verweisen, dass die Bundesregierung zu wenig investiert. Wir haben aber nicht den geringsten Grund, Trump zu würdigen. Er ist kulturlos, rassistisch und interessiert sich nicht für Außenpolitik.

Wie populistisch darf linke Politik sein?

Gysi: Es ist legitim, schwierige Sachverhalte zu übersetzen. Beispiel: Ich kann von der Veräußerungserlösgewinnsteuer reden, die Kapitalgesellschaften nicht zu bezahlen haben, aber inhabergeführte Unternehmen. Ich kann aber auch sagen, dass die Deutsche Bank bei Verkäufen ungeschoren bleibt, der Bäckermeister aber die Steuer zahlen muss. Populistisch wäre für mich, wenn ich Antworten gebe, von denen ich weiß, dass sie zwar eingängig, aber eben falsch sind. Das geht nicht.

Nach Lesart der Linken steht Deutschland kurz vor dem sozialen Zusammenbruch. Dagegen sagt die Kanzlerin, den Deutschen gehe es so gut wie nie. Sind die einen so ignorant wie die andere?

Gysi: Das mit dem Zusammenbruch wird so nicht gesagt und wäre auch verfehlt. Aber, dass es den Leuten so gut wie nie gehe, ganz genauso. Deutschland hat den größten Niedriglohnsektor in Europa. Rot-Grün hat die prekäre Beschäftigung vorangetrieben, wie das noch unter Helmut Kohl undenkbar gewesen wäre. Noch nie gab es so viele Abgehängte, und die wählen doch zum Teil AfD, damit sich die Scheinwerfer wieder auf sie richten. Das Problem dabei ist, dass sich Union und SPD viel zu ähnlich sind.

Und was schließen Sie daraus?

Gysi: Die Union muss in die Opposition, um wieder eine konservative Partei zu werden und damit einen Teil der potenziellen AfD-Wähler zu integrieren. Und wir müssen versuchen, auf die SPD so Druck zu machen, dass sie wieder so sozialdemokratisch wird wie unter Willy Brandt .

Sie kandidieren 2017 erneut für den Bundestag. Würden Sie ins Bundeskabinett gehen, falls es eine entsprechende Mehrheit gibt?

Gysi: (lacht) Nein, ich bin jetzt 68, das habe ich nicht mehr nötig. Aber wenn es wirklich zu einer rot-rot-grünen Regierungsbildung käme, ist doch mein unerbetener und störender Ratschlag wichtig, oder?

Das vollständige Interview lesen Sie auf www.saarbruecker-zeitung.de/berliner-buero

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