Niederlande verbieten Burkas

Den Haag · Als viertes Land Europas verbieten die Niederlande Burkas und Nikabs – trotz großen Widerstands. Juristen warnen: Das verletzt die Religionsfreiheit. Und es sei nicht nötig.

 Streitfall Burkas: In vielen EU-Ländern wird derzeit über die Vollverschleierung scharf diskutiert. Foto: dpa

Streitfall Burkas: In vielen EU-Ländern wird derzeit über die Vollverschleierung scharf diskutiert. Foto: dpa

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In den Niederlanden werden Burkas in öffentlichen Gebäuden verboten. In Krankenhäusern, Schulen, dem öffentlichen Nahverkehr und staatlichen Gebäuden dürfen keine Ganzkörperschleier (Burkas ) und Gesichtsschleier (Nikabs) mehr getragen werden. Das Parlament in Den Haag stimmte gestern mit großer Mehrheit dem entsprechenden Gesetzentwurf zu. Damit sind die Niederlande nach Frankreich, Belgien und Bulgarien das vierte europäische Land mit einem Burkaverbot.

Eine Verschleierung verhindere die Kommunikation und die Identifizierung, hatte der sozialdemokratische Innenminister Ronald Plasterk im Parlament erklärt. In öffentlichen Gebäuden sei es "entscheidend, dass man einander anschauen kann". Auf Straßen und Plätzen dürfen muslimische Frauen noch den Ganzkörperschleier oder den Gesichtsschleier tragen. Bei einem Verstoß gegen das Verbot droht ihnen eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro.

Der Widerstand gegen das Gesetz war groß. So hatte sich der Staatsrat, das höchste juristische Beratungsgremium der Regierung, mehrfach dagegen ausgesprochen. Ein Verbot sei "nicht mit der Religionsfreiheit vereinbar". Muslimische Frauen, die Burkas oder Nikabs tragen, hatten noch in der vergangenen Woche im Parlament protestiert. Kommentatoren und linke Oppositionsparteien warfen der Regierung "Symbolpolitik" vor. "Dies ist eine Politik der Angst", schrieb die Zeitung "Vrij Nederland".

In den Niederlanden tragen nach Schätzungen der Regierung nur rund 100 muslimische Frauen eine Burka oder einen Nikab - bei insgesamt 17 Millionen Einwohnern. In der Vergangenheit hatte es nie Probleme mit der Identifizierung von verschleierten Frauen gegeben, erklärten sie. Bei Kontrollen an Flughäfen, in Bussen, Zügen und Bahnen und auch in Ämtern hätten die Frauen immer ihr Gesicht gezeigt. Einige Schulen und Universitäten hatten zudem bereits selbst die Verschleierung untersagt, da sie die Kommunikation behindere.

Dennoch hat das Burkaverbot in den Niederlanden eine lange Vorgeschichte: Als erster Politiker hatte der Rechtspopulist Geert Wilders bereits vor elf Jahren die Initiative dazu ergriffen. Das Parlament stimmte seinem Antrag auf ein Verbot zu. Doch wegen zahlreicher Regierungskrisen war es nie dazu gekommen. Dann hatte vor vier Jahren die große Koalition aus Rechtsliberalen und Sozialdemokraten das Verbot von "gesichtsbedeckender Kleidung", wie es offiziell heißt, angekündigt. Wann das Gesetz in Kraft tritt, ist allerdings noch nicht bekannt. Eine muslimische Erzieherin darf in einer kommunalen Kita grundsätzlich ein Kopftuch tragen. Allein vom Tragen des religiösen Kleidungsstücks gehe noch kein unzulässiger werbender oder missionierender Effekt aus, erklärte das Bundesverfassungsgericht jetzt. Ein generelles Kopftuchverbot verstoße daher gegen die im Grundgesetz geschützte Glaubens- und Gewissensfreiheit.

Der Arbeitgeber hatte der Erzieherin wegen Verstoßes gegen ein zu dem Zeitpunkt im Land bestehendes Verbot eine Abmahnung ausgesprochen. Dagegen wehrte sich die in der Türkei geborene Frau mit deutscher Staatsangehörigkeit. Die Gerichte bis hinauf zum Bundesarbeitsgericht entschieden jedoch gegen sie. Das Bundesverfassungsgericht hob diese Urteile nun auf.

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