Kampf gegen Bürokratie-Monster

Berlin · Zu viel Bürokratie beklagen alle, aber vor allem Kleinstunternehmen leiden darunter. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will das ändern. Den Firmen geht das jedoch längst nicht weit genug.

Die Bürokratie in Deutschland verschlingt Milliardensummen. Um den Verwaltungsaufwand für Bürger und Betriebe zu begrenzen, wurde vor zehn Jahren der Normenkontrollrat gegründet. Nach einer aktuellen Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) fällt die Bilanz ermutigend aus.

Aufgabe des zehnköpfigen Expertengremiums ist es, den sogenannten Erfüllungsaufwand geplanter Bundesgesetze zu prüfen. Darunter fallen nicht nur die reinen Bürokratiekosten, sondern auch Folgeaufwendungen. Im Falle des 2015 eingeführten Mindestlohns zum Beispiel sind damit auch die zusätzlichen Lohnkosten gemeint. "Durch die Überprüfung von Gesetzesvorhaben durch den Normenkontrollrat müssen sich Ministerien und Politiker von Anfang an mehr Gedanken darüber machen, wie sie ihre Gesetze möglichst kostengünstig gestalten können", erläuterte der Geschäftsführer des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, Hubertus Bardt. Dass dieser Zwang durchaus Erfolge zeitigt, hat das Institut in einer aktuellen Untersuchung nachgewiesen: Seit dem Jahr 2006 wurden vom Normenkontrollrat einige tausend Gesetze unter die Lupe genommen. Die Bürokratie-Belastung für deutsche Unternehmen lag damals noch bei 49,3 Milliarden Euro . 2013, also sieben Jahre später, waren es laut IW nur noch 37 Milliarden Euro . Das ist etwa ein Viertel weniger.

Allerdings warnte Barth vor Euphorie: In den letzten Jahren sei der Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft wieder um mehr als zehn Milliarden Euro gestiegen. Hauptursache ist das schon erwähnte Mindestlohngesetz, das allein mit zusätzlichen Kosten von neun Milliarden Euro zu Buche schlägt. Die Bundesregierung macht nun weiter. "Unnötige Bürokratie kostet Bürger u nd Unternehmen Zeit, Geld und Nerven und kann für unsere Wirtschaft zu einem Wettbewerbsnachteil werden", erklärte gestern Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD ). Der Bürokratieabbau war dort Thema. Beschlossen wurde eine Vorlage, die besonders auf verwaltungstechnische Erleichterungen für Kleinbetriebe zielt.

Ein erstes Bürokratie-Entlastungsgesetz hatte die große Koalition bereits Anfang 2015 verabschiedet. Zusammen mit dem ebenfalls modernisierten Vergaberecht ersparten die beiden Gesetze der Wirtschaft in dieser Wahlperiode mehr als zwei Milliarden Euro , rechnete Gabriel vor. In dem jüngsten Entwurf geht es konkret um Firmen mit zwei bis drei Mitarbeiten. Für sie soll es Vereinfachungen im Steuerrecht und bei der Ermittlung der Sozialversicherungsbeiträge geben.

Die Bestimmungen sollen Anfang 2017 in Kraft treten und betroffene Unternehmen um rund 360 Millionen Euro pro Jahr entlasten. Beim Bundesverband der Deutschen Indus trie zeigte man sich enttäuscht über das Vorhaben. "Der Entwurf bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück", sagte Holger Lösch, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. IW-Experte Bardt sah darin einen Schritt in die richtige Richtung. "Das muss aber noch nicht das Ende der Fahnenstange sein." Der Bürokratieabbau sei weder mit zehn Jahren Normenkontrollrat noch mit dem aktuellen Gesetzesvorhaben erledigt, meinte Barth. Sein Vorschlag: "Ein Ziel von minus zehn Prozent bei den Kosten bis 2020 könnte der Modernisierung von Verwaltungsprozessen neuen Schub br ingen."

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