Juppé macht nicht den Fillon-Ersatz

Paris · Die Konservativen wollen ihren taumelnden Präsidentschaftskandidaten absägen. Doch es gibt keinen Plan B.

Was sich da am Montag um 10.30 Uhr im Rathaus von Bordeaux abspielte, war der vorläufige Tiefpunkt eines Wahlkampfes, der an überraschenden Wendungen kaum noch zu übertreffen ist. Mit hängenden Schultern trat Alain Juppé vor die Presse, um anzukündigen, dass er als Kandidat für die Präsidentschaftswahlen nicht zur Verfügung steht. "Für mich ist es zu spät", sagte der 71-Jährige mit finsterer Miene. Zuvor hatte der beliebte Bürgermeister von Bordeaux, der bei den Vorwahlen der Konservativen gescheitert war, ein düsteres Bild seiner Partei gezeichnet. Seine Kritik galt vor allem François Fillon, dem Sieger der Vorwahlen. "Seine Verteidigungsstrategie eines vorgeblichen Komplotts und eines politischen Mordes hat ihn in eine Sackgasse geführt."

Gemeint waren die Vorwürfe, die Fillon vergangene Woche gegen die Justiz erhoben hatte, die gegen ihn wegen einer möglichen Scheinbeschäftigung seiner Frau und seiner Kinder ermittelt. Nachdem der 63-Jährige am Mittwoch versichert hatte, trotz eines drohenden Ermittlungsverfahrens an seiner Kandidatur festzuhalten, wandten sich die Unterstützer reihenweise von ihm ab. Mehr als 300 Mandatsträger kehrten ihm ebenso den Rücken wie sein Wahlkampfmanager Patrick Stefanini.

Fillon, der in Umfragen mit rund 20 Prozent nur noch auf dem dritten Platz liegt, versammelte dennoch am Sonntag mehrere zehntausenden Demonstranten zu seiner Unterstützung am Pariser Trocadéro. In seiner halbstündigen, kämpferischen Rede entschuldigte er sich für den moralischen Fehler, den er mit der Anstellung seiner Frau gemacht habe. Hinterher machte er in einem Fernsehinterview deutlich, dass er nicht aufgeben will - trotz seiner früheren Ankündigung, im Falle eines Ermittlungsverfahrens nicht anzutreten: "Niemand kann mich zwingen, meine Kandidatur zurückzuziehen."

Angesichts der juristischen Schwierigkeiten Fillons erschien Juppé, der Zweite der Vorwahlen, vielen Parteigrößen als der bessere Kandidat. Eine am Freitag veröffentlichte Umfrage ergab, dass der frühere Regierungschef gleich in der ersten Wahlrunde auf 26,5 Prozent kommen würde - noch vor dem unabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron und der Rechtspopulistin Marine Le Pen, die nun beide von der Krise der Republikaner profitieren. "Ich danke denen, die mich kritisiert haben und nun in mir den Ausweg sehen", bemerkte Juppé ironisch.

Der langjährige Favorit auf das Präsidentenamt, der im Gegensatz zu dem rechtskonservativen Fillon für einen gemäßigten Kurs steht, räumte jedoch seine eigenen Schwächen ein. "Die Franzosen wollen eine Erneuerung der Politik und die verkörpere ich nicht", sagte der 71-Jährige. "Auch Beispielhaftigkeit ist gefordert. Diese Forderung kann ich nicht erfüllen." Juppé, der 2004 wegen Scheinarbeitsverhältnissen in seiner Zeit als Vize-Bürgermeister im Pariser Rathaus verurteilt wurde, versagte Fillon in seiner fünfminütigen Rede die Unterstützung. Er kritisierte aber auch den sozialliberalen Macron, zu dem viele seiner Anhänger nun überlaufen dürften, für seine Unerfahrenheit.

Der Bürgermeister von Bordeaux war Presseberichten zufolge bereit, die Kandidatur zu übernehmen, wenn Fillon sich freiwillig zurückzieht und Ex-Präsident Nicolas Sarkozy ihn unterstützt. Beide Bedingungen waren aber nicht gegeben. "Was für ein Durcheinander", kommentierte Juppé den Zustand seiner Partei. Sarkozy, der bei den Vorwahlen mit einem schwachen dritten Platz ausschied, schlug für Dienstag ein Dreiertreffen mit Juppé und Fillon vor. Gleichzeitig soll er hinter den Kulissen versuchen, seine eigenen Leute prominent in Fillons Team zu platzieren.

Noch gestern Abend wollte die Parteispitze zu einer Krisensitzung zusammenkommen. Doch nach Juppés Nein dürfte es zu Fillon nun wirklich keine Alternative mehr geben.

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