Hat die DDR Strauß gekauft?

München · Ein Prüfbericht einer Bank belastet Franz Josef Strauß schwer. Hat der Ex-CSU-Chef hundert Millionen D-Mark Provision für einen Milliardenkredit an die DDR kassiert? Oder ist der Bericht eine Fälschung?

 Hat der verstorbene CSU-Politiker Franz Josef Strauß (hier mit DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalk-Golodkowski, rechts) heimlich Millionen-Provisionen für die Vermittlung des damals höchst umstrittenen Milliardenkredits an die DDR kassiert? Foto: dpa

Hat der verstorbene CSU-Politiker Franz Josef Strauß (hier mit DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalk-Golodkowski, rechts) heimlich Millionen-Provisionen für die Vermittlung des damals höchst umstrittenen Milliardenkredits an die DDR kassiert? Foto: dpa

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Ist es eine echte politische Bombe oder eine dreiste Fälschung à la Hitler-Tagebücher? Sollte der Bericht der DG Bank vom 4. April 1994, den der ehemalige Ministerialrat und Buchautor Wilhelm Schlötterer und sein Anwalt Hildebrecht Braun gestern im Münchener Presseclub vorlegte, echt sein, müsste die jüngere Geschichte umgeschrieben und der ehemalige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß als durch und durch korrupter Politiker eingestuft werden.

Das vierseitige Papier war dem Strauß-Kritiker Schlötterer nach dessen Angaben vor Kurzem zugeschickt worden. "Die Absender", so Anwalt Braun, seien nicht anonym und man habe sich bei einem Besuch von deren Seriosität überzeugt.Der Bericht betrifft die Schweizer Vermögensverwaltungsgesellschaft "Fidinam", mit der die DG Bank damals zusammenarbeitete. Auf einem dort geführten privaten Konto von Strauß sollen sich bis zu dessen Auflösung Ende März 1990 fast 360 Millionen D-Mark angesammelt hatten. 1983 und 1984 habe der ehemalige DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski dreimal in bar 50 beziehungsweise 25 Millionen D-Mark eingezahlt.

Die Einzahlungen des SED-Funktionärs betrugen 100 Millionen D-Mark und erfolgten kurz nachdem Strauß gegen Widerstand aus den eigenen Reihen einen Milliarden-Unterstützungskredit für die DDR eingefädelt hatte.

"Weitere Überweisungen kamen von Konten saudiarabischer Personen", heißt es in dem mit "intern" überschriebenen Papier weiter. Die DG-Prüfer verweisen auf "weitere Konten" in Holland, Panama, der Schweiz, Guernsey und Kanada.

Die Kontounterlagen wiesen "in besorgniserregender Art und Weise eine Vielzahl von fragwürdigen Einzahlungen und Überweisungen auf", heißt es in dem Prüfbericht. Bis zum Tod von Franz Josef Strauß im Jahre 1988 sei das "Fidinam"-Konto "viel beschäftigt" gewesen.

Bevollmächtigte des "Fidinam"-Kontos waren nach dem Bericht neben Franz Josef Strauß dessen Ehefrau Marianne sowie der damalige CSU-Schatzmeister und -Justiziar Franz Josef Dannecker . Nach dem Tod von Marianne Strauß sei Sohn Max Josef Bevollmächtigter geworden.

Die gesamte Summe sei 1990 "offensichtlich in bar" abgehoben worden, stellen die Prüfer fest und: "Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist das Gesamtkonto nie dem Strauß-Erbe zugefallen und damit auch nach unserer Ansicht nie versteuert worden".

Schlötterer sieht sich durch das Papier in seiner Kritik an Strauß und seiner Familie mehr als bestätigt. In seinem Buch "Macht und Missbrauch" hatte er den Nachlass des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten mit rund 400 Millionen D-Mark beziffert und den Verdacht der Korruption geäußert. Von den Strauß-Kindern war er deswegen angezeigt und in einen Prozess verwickelt worden.

Sofern die neuen Tatsachen den Verdacht der Falschaussage, des Prozessbetrugs und der Steuerhinterziehung gegen die Kinder von Franz Josef Strauß begründen, wäre vieles davon schon verjährt, aber nicht alles. So hatten Strauß-Tochter Monika Hohlmeier und Sohn Franz Georg Strauß im Oktober 2013 im Prozess gegen den "Stern" ausgesagt, der Wert des Nachlasses habe "etwa sechs Millionen D-Mark" betragen.

In München herrschte zunächst erhebliche Unsicherheit über die Echtheit des Dokuments. Es fällt auf, dass er kaum exakte Angaben wie Daten und Kontonummern enthält und teilweise in einer eher flapsigen Sprache gehalten ist. Dieser Ton sei für einen Bericht "eher ungewöhnlich", hieß es aus Bankenkreisen. Das Papier enthalte aber auch nichts, was eindeutig auf eine Fälschung hinweisen würde. Die DZ-Bank in Frankfurt, Rechtsnachfolgerin der DG Bank, wollte sich auf Anfrage zu dem Vorgang nicht äußern. Die Strauß-Tochter und Europaabgeordnete Hohlmeier befindet sich in Urlaub und konnte nicht erreicht werden.

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