Führerschein-Entzug für Kriminelle

Berlin · Um reiche Straftäter abzuschrecken, will die Regierung es Gerichten ermöglichen, ihnen die Fahrerlaubnis wegzunehmen. Die Strafmaßnahme könnte auch Auto fahrende Väter und Mütter treffen, die sich um Unterhaltszahlungen drücken.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD ) will noch in diesem Jahr seinen geplanten Gesetzentwurf zum Führerscheinentzug für Straftäter vorlegen. "Es gibt Fälle, etwa bei sehr wohlhabenden Straftätern, bei denen eine Geldstrafe keine Wirkung erzielt", sagte der SPD-Politiker dem Magazin "Der Spiegel". "Ein Entzug der Fahrerlaubnis hätte dagegen schon spürbare Auswirkungen." Im Einzelfall solle das jeweilige Gericht entscheiden.

Bisher wird der Führerschein nur für Verkehrsdelikte entzogen - etwa für viel zu schnelles Fahren. Das Justizministerium will einer Sprecherin zufolge "keine Einschränkung" mehr. Es läge damit vollständig im Ermessen der Richter, ob ein Fahrverbot die richtige Strafe ist - egal, was ein Täter sich zuschulden kommen lässt.

Künftig könnten auch Bürger, die Steuern hinterziehen, oder Väter und Mütter , die sich um Unterhaltszahlungen drücken, demnächst mit einem bis zu sechsmonatigen Fahrverbot bestraft werden. Eine Sprecherin des Familienministerium sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland, ihr Haus begrüße den Referentenwurf des Justizministers. Durch solche strafrechtlichen Sanktionen und vor allem mit den Diskussionen darüber solle das Bewusstsein für die elterliche Verantwortung gerade auch nach einer Trennung geschärft werden.

Der ADAC lehnt das Vorhaben von Maas ab. Die Fahrerlaubnis zu verlieren, habe zwar einen erzieherischen Charakter im Straßenverkehr, aber nur dort, sagte ein Sprecher des Verkehrsclubs. "Eine Ausweitung auf andere Delikte würde diese Sanktion im Verkehr entwerten." Die Strafe träfe zudem nur Menschen hart, die auf ein Auto angewiesen seien. Auch das Argument, ein Fahrverbot könne Wohlhabende abschrecken, lässt der ADAC nicht gelten. "Wer Geld hat, leistet sich ein Taxi oder lässt sich etwas anderes einfallen."

Die Gewerkschaft der Polizei ´ist ebenfalls nicht völlig überzeugt von Maas' Plan. Der Vize-Vorsitzende Jörg Radek hält ein Fahrverbot nur bei Straftaten für sinnvoll, "bei denen es auch um die charakterliche Eignung des Täters geht", sagte er dem Kölner "Express". Zudem müsse das "Übermaßverbot" beachtet werden: "Schließlich schränkt man die Bewegungsfreiheit ein und unter Umständen sogar die Möglichkeit, den Beruf auszuüben."

Das Fahrverbot ist ein Vorhaben aus dem 2013 beschlossenen Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD . Darin heißt es: "Um eine Alternative zur Freiheitsstrafe und eine Sanktion bei Personen zu schaffen, für die eine Geldstrafe kein fühlbares Übel darstellt, werden wir das Fahrverbot als eigenständige Sanktion im Erwachsenen- und Jugendstrafrecht einführen."

Meinung:

Kein Wundermittel gegen alles

Von SZ-Korrespondent Werner Kolhoff

Das Fahrverbot ist keine Allzweckstrafe - im Gegenteil. Es sollte vielmehr als Zusatzstrafe öfter bei Menschen erwogen werden, die sich als charakterlich unfest erwiesen haben, bei Schlägern etwa. Und ebenso bei allen, die ihr Auto fahrlässig oder gar absichtlich als Waffe benutzen, sei es per Geschwindigkeitsübertretung oder durch Handy-Aktivitäten am Steuer. Wer gegen Flüchtlinge hetzt, sollte hingegen besser Sozialarbeit verrichten, wer im Laden klaut, der Oma den Einkauf nach Hause tragen, und wer Steuern hinterzieht, Obdachlosenzeitungen verkaufen. Auch als Zusatzstrafe. Überhaupt sollten sich die Strafen mehr am beabsichtigten Lerneffekt ausrichten - und vor allen Dingen schneller erfolgen. Das ist ganz besonders bei Ersttätern das Wichtigste.

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