Flügelkampf bei Frankreichs Sozialisten

Paris · Die französischen Sozialisten drohen an den Vorwahlen zu zerbrechen. Der Sieg des Linksaußen Hamon ist vor allem eine Abrechnung mit François Hollande.

Manuel Valls lächelte gequält, als er am Sonntagabend um kurz vor 22 Uhr vor seine Anhänger trat. Der frühere französische Regierungschef war bei den Vorwahlen der Sozialisten mit dem zweiten Platz hinter Linksaußen Benoît Hamon abgestraft worden. Noch am Abend des ersten Wahlgangs begann Valls deshalb einen Lagerwahlkampf, der die Regierungspartei spalten könnte. "Die Wahl besteht zwischen nicht umsetzbaren Versprechen und einer glaubwürdigen Linken", sagte der 54-Jährige kämpferisch.

Valls, der sich als Vertreter der "glaubwürdigen Linken" sieht, muss Überraschungssieger Hamon angreifen, wenn er am nächsten Sonntag in der Stichwahl eine Chance haben will. Rein rechnerisch dürfte der Vertreter des Reformflügels es nicht schaffen, sich gegen Hamon durchzusetzen, der die Unterstützung des gesamten linken Lagers hat. Nach dem Drittplatzierten Arnaud Montebourg sprach sich gestern auch die frühere Arbeitsministerin Martine Aubry für den Ex-Bildungsminister aus. "Eine neue Kampagne beginnt", kündigte Valls an, der lange als Favorit gegolten hatte und nun nicht auf den letzten Metern aufgeben mag. Doch als Regierungschef unter François Hollande verkörperte er die magere Bilanz des unbeliebten Präsidenten, der nicht selbst antrat und sich auch nicht in den Vorwahlkampf einmischte. 31 Prozent der Wähler gaben Valls dafür ihre Stimme, während Hamon als Kandidat der Erneuerung auf 36 Prozent kam.

Sein Vorschlag eines Grundeinkommens von 750 Euro bestimmte den Wahlkampf, auch wenn Hamon selbst indirekt einräumen musste, dass die Maßnahme nicht finanzierbar ist. Dass Hamon damit eine Mehrheit der Wähler überzeugte, wird in der jahrelang sozialdemokratisch geprägten Partei Spuren hinterlassen. "Benoît Hamon als Sieger der Vorwahlen ist gleichbedeutend mit der Eroberung der Labour-Partei durch Jeremy Corbyn", zitierte die renommierte Zeitung "Le Monde " einen Vertrauten Hollandes. Dass das Reformlager um Valls einem solchen stramm linken Kurs folgen wird, kann sich keiner vorstellen. Der frühere Regierungschef selbst hatte vor zwei "unversöhnbaren Linken" gewarnt und damit ein Zerbrechen des Parti Socialiste (PS) bereits vorweggenommen.

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