Die sieben Zwerge streiten sich

Paris · Das Urteil war einhellig: Die erste Fernsehdebatte der sozialistischen Kandidaten für das Präsidentenamt hat keinen klaren Sieger hervorgebracht. Die gut zweistündige Sendung am Donnerstagabend konnte auch nur Verlierer hinterlassen, denn keiner der sieben Bewerber hat Chancen, in den Elysée einzuziehen. Genau so verhielten sich die sechs Männer und eine Frau in der zweistündigen Sendung denn auch. Zahm versuchten sie, die Rivalen nicht anzugreifen, um die zerstrittene Regierungspartei nicht noch weiter zu spalten.

Nach fünf Jahren Präsidentschaft des Sozialisten François Hollande ist seine Partei in zwei Lager zerfallen. Auch wenn Angriffe auf den Gegner ausblieben, stehen sich der linke Flügel um die Ex-Minister Arnaud Montebourg und Benoît Hamon und der sozialdemokratische um den früheren Premierminister Manuel Valls unversöhnlich gegenüber. Die Frage, ob die Kandidaten im Falle einer Niederlage den Sieger unterstützen würden, wurde deshalb gar nicht erst gestellt. Thema war allerdings der unabhängige Bewerber Emmanuel Macron, der bis 2009 den Sozialisten angehört hatte, sich aber den Vorwahlen verweigert. Ihn sehen Meinungsforscher bei der Präsidentschaftswahl als "dritten Mann" hinter der Rechtspopulistin Marine Le Pen und dem Kandidaten der Konservativen, François Fillon . Der Sieger der Vorwahlen der Sozialisten würde dagegen mit maximal elf Prozent nur auf den fünften Platz kommen - hinter dem Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon. In den Umfragen wirken die Kandidaten des Parti Socialiste wie die sieben Zwerge, die in den Niederungen der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden drohen.

Auf die Unterstützung eines der beiden anderen Kandidaten des linken Lagers wollte sich trotzdem keiner der Teilnehmer der Fernsehdebatte festlegen. Statt dessen ergriff Montebourg die Gelegenheit, über den sozialliberalen Macron herzuziehen: "Macron ist für mich Monsieur X", schimpfte der 54-Jährige, der für einen protektionistischen Kurs steht. "Man weiß nicht, ob er rechts oder links ist." Sprüche wie diese bescherten dem für seine beißende Rhetorik bekannten Ex-Wirtschaftsminister nach der Debatte den ersten Platz im Ranking der Zuschauer vor Valls.

Meinung:

Ohne Vision für Frankreich

Von SZ-Korrespondentin Christine Longin

Das Wunder blieb aus. Bei der TV-Debatte der Sozialisten hat sich keiner der sieben Bewerber als charismatische Führungsfigur hervorgetan, die Frankreich aus der selbst verursachten Misere führen könnte. So werden es die Sozialisten nicht schaffen, genügend Wähler hinter sich zu bekommen, um am 7. Mai die Stichwahl um das Präsidentenamt zu erreichen. Zu abwegig oder zu abgelutscht sind die Ideen, die ihre Bewerber vertreten. Dem Favoritentrio haftet der Misserfolg der Regierung an: Arnaud Montebourg und Benoît Hamon waren Minister und Manuel Valls sogar Regierungschef. Montebourg und Hamon setzen dagegen auf altlinke Rezepte, die vor allem viel Geld kosten. Echte Visionen für das Land hat keiner von ihnen - im Gegensatz zu Emmanuel Macron. Der Ex-Sozialist propagiert Wirtschaftsreformen und bekennt sich zu Europa. Manche Sozialisten fragen sich schon, ob sie nicht lieber ihn unterstützen sollten.

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