Assads Truppen erobern Aleppos Altstadt

Aleppo/Berlin · Seit fast sechs Jahren tobt ein Krieg in Syrien. Vor allem in Aleppo ist die Lage dramatisch. Assads Truppen rücken immer weiter vor. Und der Westen sendet – einmal mehr – einen Appell zum Waffenstillstand.

Nach wochenlangen erbitterten Gefechten haben syrische Regierungstruppen die gesamte Altstadt Aleppos erobert. Im Ostteil der Stadt verloren die Rebellen damit seit Mitte November rund 80 Prozent ihres bisherigen Gebiets, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete. In einer ungewöhnlich scharf formulierten Erklärung forderten die sechs Nato-Staaten USA, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada gestern einen sofortigen Waffenstillstand für die Region, damit die Vereinten Nationen humanitäre Hilfe leisten können.

Die Regimegegner mussten sich Aktivisten zufolge aus der Altstadt zurückziehen, weil sie Gefahr liefen, eingekesselt zu werden. Zusätzlich eroberten die Regierungstruppen des Machthabers Baschar al-Assad demnach auch die Viertel Al-Maadi und Al-Mardschi. Die frühere Handelsmetropole Aleppo zählt im fast sechs Jahre dauernden Bürgerkrieg zu den am stärksten umkämpften Gebieten. Bislang war sie geteilt: Die Armee und verbündete Milizen kontrollierten den Westen, Rebellen den Osten. Regierungstruppen begannen Mitte November ihre Offensive. Die oppositionellen Milizen schlugen eine neue fünftägige Waffenruhe vor. Die Regierung in Damaskus will einer Feuerpause jedoch nur zustimmen, wenn vorher alle Aufständischen Aleppo verlassen.

Die jüngsten Gefechte und Luftangriffe haben eine Massenflucht in Ost-Aleppo ausgelöst. Die Menschenrechtsbeobachter erklärten, seit Mitte November seien rund 80 000 geflohen. Weil Ost-Aleppo seit Wochen von der Außenwelt abgeschnitten ist, herrscht dort Mangel an Trinkwasser, Essen und medizinischer Versorgung.

Vor dem Wintereinbruch forderte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef) offenen Zugang für Hilfsleistungen und den Schutz der Kinder im Bürgerkrieg. Fast sechs Millionen Kinder in Syrien seien auf humanitäre Hilfe angewiesen - das sind vier von fünf.

Auch die sechs westlichen Regierungschefs beklagen eine "humanitäre Katastrophe". Mehr als 200 000 Zivilisten seien im Ostteil Aleppos von jeglicher Versorgung abgeschnitten. "Sie sind täglichen Bombenangriffen und Artilleriebeschuss durch das syrische Regime ausgesetzt, das durch Russland und Iran unterstützt wird."

Dabei würden nicht einmal Krankenhäuser und Schulen verschont, sondern anscheinend sogar als Ziele ausgewählt. "Wir verurteilen das Vorgehen des syrischen Regimes und seiner ausländischen Unterstützer, insbesondere Russlands, zur Verhinderung humanitärer Hilfslieferungen und verurteilen auf das schärfste die Angriffe des syrischen Regimes auf zivile und medizinische Einrichtungen sowie den Einsatz von Fassbomben und chemischen Waffen", erklärten die Regierungschefs , unter ihnen Kanzlerin Angela Merkel (CDU ).

Die Staaten fordern die UN dazu auf, eine Bestrafung von Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen in Syrien durchzusetzen. Scharf rügten sie überdies die Führung in Moskau. "Russland blockiert derzeit den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen , der deswegen nicht handlungsfähig ist und die Gewalttaten nicht verhindern kann."

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