Anonyme Spender werben für die AfD

Essen · Wer bezahlt die teuren Werbeplakate der AfD? Beobachter vermuten hinter den großzügigen Gönnern eine Tarnorganisation.

 Dieses Wahlplakat, das für die Alternative für Deutschland (AfD) wirbt, stammt nicht etwa von der AfD, sondern von einem Großspender, der lieber anonym bleibt. Zu sehen war es unter anderem in Baden-Württemberg. Foto:dpa

Dieses Wahlplakat, das für die Alternative für Deutschland (AfD) wirbt, stammt nicht etwa von der AfD, sondern von einem Großspender, der lieber anonym bleibt. Zu sehen war es unter anderem in Baden-Württemberg. Foto:dpa

Viele Wähler dürften das "Extrablatt" schon kennen. Die Gratiszeitung, die unumwunden zur Wahl der AfD aufruft, wurde kurz vor den Landtagswahlen im vergangenen Jahr an Millionen Haushalte verteilt. Dahinter stand aber nicht die AfD selbst, sondern eine Handvoll Großspender, die anonym bleiben wollen. Jetzt kündigt ein Verein an, die anonyme Wahlkampfhilfe für die AfD auch im Bundestagswahlkampf einzusetzen.

Während der Wahlkämpfe in Mecklenburg-Vorpommern oder Rheinland-Pfalz waren auch hunderte Plakate aufgestellt, die Werbung für die AfD machten, aber nicht von der AfD stammten. Sie sahen den offiziellen AfD-Plakaten täuschend ähnlich mit Parolen wie "Mehr Schutz für Familie und Eigentum! Jetzt AfD wählen".

Der Druck der Zeitungen und Plakate kostet Millionen. Normalerweise muss jede Spende an eine Partei über 10 000 Euro veröffentlicht werden. Die wohlhabenden AfD-Finanziers scheuen aber das Licht der Öffentlichkeit. Nur so lässt sich erklären, dass sie das Geld nicht der AfD direkt spendeten, sondern die Wahlwerbung über eine eigens gegründete Tarnorganisation namens "Vereinigung zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten" finanzierten.

Mittlerweile ist aus dieser ehemals losen Vereinigung ein eingetragener Verein mit einem klaren rechtskonservativen Profil geworden. Dessen Vorsitzender David Bendels bestätigt gegenüber dem Recherchezentrum Correctiv, dass der Verein auch die anstehenden Wahlkämpfe in NRW und zur Bundestagswahl mit Wahlwerbung für die AfD unterstützen wird. "Die Geldgeber wollen auch weiterhin anonym bleiben", sagt Bendels. Er verrät nur so viel: Es handele sich auch um einige mittelständische Unternehmer, die größere Spendensummen überweisen würden.

Beide Seiten, der Verein und die AfD, bemühen sich, jegliche Verbindung zueinander abzustreiten. Im "Extrablatt" erschien letztes Jahr ein Interview mit AfD-Parteisprecher Jörg Meuthen. Der AfD-Politiker tat überrascht, als er auf die Aktion angesprochen wurde: "Meine Partei hat damit nichts zu tun", sagte Meuthen im März 2016. Immerhin: Josef Konrad, ein AfD-Mitglied aus Oberfranken, firmierte als Herausgeber des "Extrablatt". Diese Form der Wahlkampfhilfe ist in Deutschland ein neues Phänomen. In den USA gibt es das schon länger, bekannt als Super-Pacs: Privatpersonen können dort millionenschwere Kampagnen für einen Kandidaten starten, ohne in Erscheinung zu treten. Aber auch dort müssen sie jegliche Verbindung zu den Parteien vermeiden. Sonst könnte es sich um eine verdeckte Parteienfinanzierung handeln.

Wenn eine Partei in Deutschland eine Großspende - und sei es in Form von Gratis-Werbezeitungen - annimmt, muss sie offenlegen, wer dahintersteckt. Eine Privatperson oder ein Verein kann selbstverständlich von sich aus für eine Partei werben. Doch sobald die Partei eingebunden wird - und sei es, indem sie gespendete Prospekte verteilt oder gespendete Plakate aufhängt - liegt eine verdeckte Parteienfinanzierung nahe. Und die ist verboten. Die Bundestagsverwaltung prüfte den Fall im Jahr 2016 und konnte keine direkte Verbindung zwischen dem "Extrablatt" und der AfD feststellen. Eine Grauzone.

Es gab schon allerlei Spekulationen, wer dahinterstehen könnte. "Jeder Cent kommt von deutschen Staatsbürgern", versichert der Vereinsvorsitzende Bendels. Damit begegnet er dem Verdacht, dass Gelder aus dem Ausland über den Verein für die Unterstützung der AfD fließen.

Bendels arbeitet auch für den Deutschen Arbeitgeberverband (DAV) - nicht zu verwechseln mit dem Bund der deutschen Arbeitgeber (BDA). Der kleinere DAV wirbt um konservative Unternehmer.

Auf seiner Webseite veröffentlicht der Verband unter anderem AfD-nahe Texte über einen angeblichen Sozialmissbrauch von Syrern oder Kritik an der Gleichstellungspolitik. Vorstandsmitglied Holger Douglas schreibt unter der Überschrift "Borderliner": "Merkel kennt angeblich keine Grenzen mehr, auch keine Obergrenzen, gibt sich grenzenlos offen. Nach allen Seiten. Aber: Wer nach allen Seiten offen ist, kann nicht ganz dicht sein."

Bendels teilt mit, dass sich "meines Wissens nach keine Mitglieder des DAV" an den Wahlkampfspenden beteiligen. Bendels war Mitglied der CSU, trat allerdings aus der Partei aus, weil ihm die CSU nicht mehr konservativ genug sei. Er will seinen Verein zu einer rechtskonservativen Denkfabrik ausbauen.

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Zu den Autoren Die Autoren sind Mitarbeiter des Recherchezentrums Correctiv. Die Redaktion, mit der unsere Zeitung kooperiert, finanziert sich ausschließlich über Spenden und Mitgliedsbeiträge. Ihr Anspruch: Mit gründlicher Recherche Missstände aufzudecken und unvoreingenommen darüber zu berichten. www.correctiv.org

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