Streit um ein sensibles Thema

</bu_text></text>Berlin. Das politische Tauziehen um eine Neuregelung von Spätabtreibungen geht in die nächste Runde: Am heutigen Mittwoch will die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Christel Humme einen weiteren Gruppenantrag vorstellen, der auf die verbesserte Qualität der Beratung von Schwangeren abzielt. Damit wird es am 18

</bu_text></text>Berlin. Das politische Tauziehen um eine Neuregelung von Spätabtreibungen geht in die nächste Runde: Am heutigen Mittwoch will die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Christel Humme einen weiteren Gruppenantrag vorstellen, der auf die verbesserte Qualität der Beratung von Schwangeren abzielt. Damit wird es am 18. Dezember bei der ersten Beratung des Bundestages zu diesem Thema mindestens vier konkurrierende Vorlagen von Union, SPD und FDP geben.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im Vorjahr 631 Abbrüche nach der 20. Schwangerschaftswoche, also dem Beginn der frühstmöglichen Lebensfähigkeit eines Kindes außerhalb des Mutterleibes registriert. 229 davon erfolgten nach der 22. Woche. Das geltende Gesetz lässt Spätabreibungen nur dann zu, wenn der Arzt zu dem Schluss kommt, dass die körperliche und seelische Gesundheit der Mutter oder gar ihr Leben gefährdet sind. In der Praxis geht es aber auch um Fälle einer drohenden Schwerbehinderung des Kindes. Um solche Abtreibungen zu reduzieren, will die Union den Arzt stärker in die Pflicht nehmen. Ein dazu gestern vom CDU-Parteitag in Stuttgart verabschiedeter Antrag deckt sich weitgehend mit einem Gesetzentwurf, der unter Federführung des familienpolitischen Sprechers der Union, Johannes Singhammer, bereits in den Bundestag eingebracht wurde. Demnach soll der Mediziner, der eine Behinderung des ungeborenen Kindes festgestellt hat, die Schwangere umfassend beraten. Tut er das nicht, droht ihm eine Strafe von bis zu 10000 Euro. Zwischen Beratung und Abbruch soll außerdem eine dreitägige Bedenkzeit liegen. Darüber hinaus regelt der Entwurf eine genauere statistische Erfassung der Spätabtreibungen. Die Vorlage wird bislang von rund 190 der 612 Parlamentarier unterstützt. Darunter ist auch die ehemalige SPD-Familienministerin Renate Schmidt. Der Humme-Entwurf wird von einer breiten Mehrheit der SPD-Abgeordneten getragen. Er sieht vor, Spätabtreibungen nicht durch gesetzliche Änderungen zu regeln. Nach Ansicht der Initiatoren reicht für eine fachlich qualifizierte Beratung der Betroffenen die Modifizierung der Mutterschaftsrichtlinien aus. Darüber hinaus soll der Mutterpass künftig auch über Anlaufstellen für eine psychosoziale Beratung der Schwangeren informieren. Eine kleine SPD-Parlamentariergruppe um die Abgeordnete Kerstin Griese und die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt setzen dagegen in ihrer Vorlage wie die Union auf eine Änderung des Schwangerschaftskonfliktsgesetzes. Göring-Eckardt sagte, aus ihrer Sicht sei allein die Qualität der Beratung entscheidend. Dies dürfe nicht dem Arzt überlassen bleiben. Vielmehr solle der Arzt die Schwangere an eine Beratungsstelle vermitteln, sofern sie dies nicht ablehne. Die Ungeborenen, um die es gehe, seien "Wunschkinder", sagte Göring-Eckardt. Es reiche nicht, "dass ein Arzt eine Broschüre überreicht", wenn die Frau erfahre, dass sie ein schwer krankes oder behindertes Kind erwartet und über eine späte Abtreibung entscheiden solle.

Im Unterschied zum Singhammer-Papier wird aber ein Ausbau der statistischen Erfassung abgelehnt, um Rückschlüsse auf den Einzelfall im Interesse der Schwangeren zu vermeiden. Auch soll die Beratung "ergebnisoffen" sein, was ebenfalls eine Abkehr von den Vorstellungen Singhammers darstellt, die Schwangerschaft möglichst fortzusetzen.

Auch in den Bundestagfraktionen von FDP und Grünen wurde gestern über das Thema Spätabtreibungen diskutiert. Dabei verständigten sich die Liberalen auf einen Entwurf, der auf die Familienpolitikerin Ina Lenke zurückgeht und sich weitgehend an den Unionsplänen orientiert. Allerdings lehnt die FDP verschärfte Geldbußen für die Ärzte ab. Bei den Grünen gibt es zwei stark unterschiedliche Positionen. Während die frauenpolitische Sprecherin, Irmingard Schewe-Gerigk dafür wirbt, möglichst wenig an den Regeln zu ändern, macht sich ihr Fraktionskollege Thilo Hoppe für eine Beratungspflicht nach dem Muster der Union stark. "Es reicht nicht, dass ein Arzt eine Broschüre überreicht."

Katrin Göring-Eckardt, Vizepräsidentin des Bundestages

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