Strategiespiel ums Kabinett

Saarbrücken. Das Mobilfunknetz in Nordrhein-Westfalen hat durchaus Lücken. Solche Funklöcher behinderten gestern auch zumindest zeitweise die Bildung der neuen Saar-Landesregierung. Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), die am 9

Saarbrücken. Das Mobilfunknetz in Nordrhein-Westfalen hat durchaus Lücken. Solche Funklöcher behinderten gestern auch zumindest zeitweise die Bildung der neuen Saar-Landesregierung. Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), die am 9. Mai im Landtag von der großen Koalition aus CDU und SPD in ihrem Amt bestätigt werden soll, war gestern Abend in ihrem Dienstwagen unterwegs nach Radevormwald, einer Stadt im Bergischen Land. Dort unterstützte sie ihren Parteifreund, Bundesumweltminister Norbert Röttgen, im nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf. Wegen der Funklöcher war wiederholt auch die Kommunikation mit dem künftigen Koalitionspartner und SPD-Landeschef Heiko Maas massiv gestört. Der Chefgenosse und designierte Superminister (Wirtschaft, Infrastruktur und möglicherweise auch Arbeit) saß zur gleichen Zeit mit seinem Landesvorstand im Landtag zusammen. Beide Seiten hatten sich gegenseitig versprochen, bis heute über die Zuschnitte der Ministerien und die Köpfe des künftigen Ministerrates strikt zu schweigen. Selbst engste Parteifreunde wurden nicht eingeweiht.Die letzte Runde der Koalitionsverhandlungen, in der es heute ab 12.30 Uhr um die Aufgabenverteilung der einzelnen Ressorts und die Namen der künftigen Regierungsmitglieder gehen wird, sollte sorgsam vorbereitet und diskutiert werden. Denn: Das Spiel, wer stellt welchen Minister oder welche Ministerin, erinnert an Schach. Jeder Zug bedarf reiflicher Überlegung, um dem Gegenüber keinen unüberlegten Vorteil zu offerieren. Wobei das Spielresultat bereits feststeht: Remis, Unentschieden. Politiker sprechen dabei gerne von "gleicher Augenhöhe".

Wer wird was? Welches Ministerium mit welchem Zuschnitt übernimmt die SPD? Zu diesen Fragen kursierten gestern in Kreisen der künftigen Koalition mehrere Varianten. Klar scheint, dass SPD-Chef Maas Super-Wirtschaftsminister wird. Die CDU darf dafür den Finanzminister, dem im Kabinett ein Vetorecht zusteht, nominieren. Hier werden die beiden "Generalisten", also CDU-Vorleute, denen die Führung jedes Ressorts zugetraut wird, genannt: Stephan Toscani, amtierender Innen- und Kulturminister, und Andreas Storm, derzeit Minister für Bundesangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei. Dann wäre wieder die SPD am Zug. Maas hat angeblich das Bildungsministerium für seine Truppe reklamiert. Hier gilt Vizefraktionschef und Vordenker Ulrich Commerçon als aussichtsreicher Ministerkandidat. Commerçon wird allerdings auch für das künftig noch einflussreichere Amt des Fraktionschefs gehandelt. Alternativen hat Maas: Stefan Pauluhn oder Reinhold Jost. Kramp-Karrenbauer darf dann das Innenressort für die CDU besetzen: Sollte Amtsinhaber Toscani Finanzminister werden, dürfte hier die Ex-Landrätin Monika Bachmann, derzeit Sozialministerin, zum Zug kommen. Zieht Schachspieler Maas schließlich seine Dame, steht für Fraktionsvizechefin Anke Rehlinger, eine Juristin, das Justizressort wahrscheinlich als Zugabe zu Umwelt und Verbraucherschutz oder aber auch das Sozialressort bereit. Hier war gestern Abend SPD-intern noch Klärungsbedarf angesagt. Für die CDU sollten dann entweder Bachmann oder Storm - abhängig davon, ob Toscani das Schlüsselressort Finanzen übernimmt - den Bereich Soziales, Gesundheit und Familie besetzen. Storm gilt als ausgewiesener Sozialexperte.

Gefallen ist wohl die Entscheidung, dass die neue CDU/SPD-Regierung künftig acht Staatssekretäre hat, je einen in den sechs Ministerien, den Chef der Staatskanzlei sowie einen zusätzlichen Justizstaatssekretär. Wie es heißt, ist SPD-Chef Maas auf der Suche nach einer hoch qualifizierten Juristin. Der derzeitige CDU-Justizstaatssekretär Wolfgang Schild (60) soll nach über zwölf Jahren in diesem Amt am 9. Mai in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden.

Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer überlegt unterdessen angeblich, ihren derzeitigen Bevollmächtigten in Berlin, Jürgen Lennartz, zum Staatssekretär zu befördern und als künftigen Chef der Staatskanzlei von der Spree zurück an die Saar zu rufen.

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