Stadion bringt Stadt in heikle Situation

Saarbrücken · Das Ludwigsparkstadion wird teurer als geplant, das Land zweifelt an der Rechtmäßigkeit der Vergabe. Droht das Projekt zu scheitern?

 So sieht es derzeit auf der Baustelle des Saarbrücker Ludwigsparkstadions aus. Foto: Becker&Bredel

So sieht es derzeit auf der Baustelle des Saarbrücker Ludwigsparkstadions aus. Foto: Becker&Bredel

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Die Bombe im Saarbrücker Rathaus ging schon vor Weihnachten hoch. Als die Baufirmen im Dezember ihre Angebote für den Umbau des Ludwigsparkstadions abgaben, dämmerte den Stadt-Oberen, dass die Kalkulation von 20 Millionen Euro nicht mehr zu halten sein wird. Alle seien überrascht gewesen, es habe Krisenstimmung geherrscht, sagt Baudezernent Heiko Lukas. Der Architekturprofessor musste die Nachricht vom Kostenanstieg mit Sportdezernent Harald Schindel gestern in einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz übermitteln. Tags zuvor hatte die Stadt zum letzten Mal mit den Bietern zusammengesessen. Schindel erklärte: "Dass wir uns in einer schwierigen Situation befinden, ist allen klar." Lukas sprach von einer "heiklen Situation".

Heikel auch deshalb, weil die Finanzierung des gesamten Vorhabens plötzlich infrage steht. Die Dezernenten erklärten, da sich die Rahmenbedingungen durch die neue Kalkulation geändert hätten, gelte es zunächst, die Fördermittelzusage des Landes von knapp 15 Millionen Euro "abzusichern". Was nichts anderes heißt, als dass diese Gelder in Gefahr sind. Das Innenministerium erklärte kryptisch: "Die Bewilligung des Landes ist an die Einhaltung der zuwendungs- und vergaberechtlichen Bestimmungen gebunden. Insofern bleibt das weitere Verfahren abzuwarten." In der Landesregierung, so muss man das verstehen, gibt es erhebliche Zweifel, ob die Stadt rechtlich korrekt gehandelt hat. Lukas sagte gestern: "Wir gehen davon aus, dass das Verfahren nicht zu beanstanden ist." Auf die Frage eines Journalisten, ob das Gesamtprojekt nun gefährdet ist, sagte er: "Letzten Endes muss der Stadtrat entscheiden." Die Baustelle sei schon am Laufen, "das müssen wir zu Ende führen".

FDP und Grüne versuchten gestern, die große Koalition im Land für das Desaster verantwortlich zu machen, was empörte Reaktionen hervorrief ("fake news"). Das Innenministerium teilte mit, die Federführung für das Bauvorhaben und die Kostenverantwortung lägen ausschließlich beim Bauherrn, und dieser sei die Landeshauptstadt . Die Verantwortlichen der Stadt wollen nun analysieren, ob Fehler gemacht worden sind. Die Stadionplaner seien "absolute Profis", sagte Lukas, der Ludwigspark sei nicht ihr erstes Stadion. Die Gründe für den Kostenanstieg sehen Lukas und Schindel hauptsächlich in der guten Baukonjunktur, die zu steigenden Preisen führe, aber auch in der Tatsache, dass sich auf die europaweite Ausschreibung hin nur wenige Bieter meldeten. Viele Stadionbauer seien derzeit in Deutschland, aber auch in Russland und Katar aktiv, wo 2018 und 2022 die Fußball-Weltmeisterschaften anstehen.

Im März will die Verwaltung dem Stadtrat Vorschläge zur Finanzierung machen und verschiedene Alternativen präsentieren. "Ganz klar wird es auch eine Option sein, die wir diskutieren müssen: Wo können wir Einsparungen machen?", sagte Lukas. Was im Moment geplant sei, sei "kein Luxusstadion" - jede Einsparung, so Lukas, wäre sofort sichtbar und ginge auf Kosten der Qualität. Eine Möglichkeit wäre nach Lukas' Ansicht, die Tribünen zu verkürzen - und das erst bei einem Aufstieg in eine höhere Liga zu ändern. Man könne auch darüber nachdenken, auf eine Tribüne ganz zu verzichten. "So dramatisch und ärgerlich das jetzt ist mit den Kosten: Aber wenn man ein Stadion hat, muss das ja auch akzeptiert werden von den Fans, von den Fußball-Clubs. Es muss auch ligakonform sein, dafür braucht man einen gewissen Standard", sagte Lukas.

Acht Millionen Euro einzusparen, scheint daher unmöglich. Stellt sich die Frage, woher das zusätzliche Geld kommen soll? Kaum war die Nachricht von der Kostensteigerung auf dem Markt, ließ Innenminister Klaus Bouillon (CDU) eine Erklärung verbreiten: "Keinesfalls wird das Land über den Zuwendungsbetrag von 14,5 Millionen Euro hinaus zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen."

Sportdezernent Schindel will den Einstieg eines privaten Investors nicht ausschließen. Dem Hauptsponsor und Präsidenten des 1. FC Saarbrücken, Hartmut Ostermann, wird immer wieder Interesse an der Victor's-Tribüne nachgesagt. Diese wird als einzige nicht abgerissen, sondern saniert. Im Gegenzug könnte Ostermann die Tribüne vermarkten. Rettet er nun das ganze Vorhaben? Dem Vernehmen nach halten die Victor's-Juristen dies für rechtlich unmöglich - wegen der öffentlichen Fördermittel-Vergabe. Wenn ein Privater sich beteilige, gehe das nur, wenn das Projekt komplett abgebrochen und neu ausgeschrieben werde.

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