Spektakel mit Risiken

Berlin · Ein ebenso seltenes wie wundervolles Schauspiel wird morgen am Himmel zu sehen sein – wenn das Wetter mitspielt. Doch nicht überall freut man sich auf die Sonnenfinsternis.

Um die Sonnenfinsternis ranken sich seit jeher zahlreiche Mythen. Früher konnten sich die Menschen nicht erklären, warum die Leben spendende Sonne plötzlich verschwand - und bekamen Angst. Auch heute noch gibt es viele, die darin ein böses Omen sehen. Manche Sekten erwarten bei einer Sonnenfinsternis den Weltuntergang. So hatten Anhänger einer dubiosen Glaubensgemeinschaft 1999 für den Tag der totalen Sonnenfinsternis eine Sintflut vorausgesagt und deshalb einen Bunker auf einem Hügel nahe der spanischen Stadt Tarragona gebaut. Es passierte bekanntermaßen nichts.

Das dürfte auch für das morgige Himmelsspektakel gelten. Dennoch bereitet es mancherorts Sorgen. Besonders die Mitarbeiter in Stromnetz-Leitstellen und Schaltwarten werden gespannt auf ihre Bildschirme blicken, wenn sich ab etwa 9.30 Uhr die Sonne verdunkelt. Die Sonnenfinsternis stelle "das elektrische System in Europa vor eine große Herausforderung", mahnen die vier Übertragungsnetzbetreiber . Und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz erinnerte gar daran, dass bei Stromausfall Taschenlampen und batteriebetriebene Radios gute Dienste leisten.

Schuld an der Aufregung ist der Mond, der sich unbeeindruckt von energiepolitischen Zielvorgaben vor die Sonne schieben und große Teile ihrer Oberfläche verdecken wird. Bei dieser partiellen Sonnenfinsternis werden im Norden Deutschlands bis zu 80 Prozent, im Süden noch 65 Prozent der Sonnenscheibe verfinstert.

Wenn es wolkenfrei ist - was vom Deutschen Wetterdienst vor allem für den Süden der Republik und auch das Saarland vorausgesagt ist -, wird dadurch die Stromeinspeisung kurzzeitig deutlich sinken und anschließend wieder drastisch steigen - mit der Gefahr, dass die Stromnetze instabil werden.

Niemals ohne Spezial-Brille

Denn mittlerweile beträgt die installierte Photovoltaik-Leistung in Deutschland rund 39 000 Megawatt - deutlich mehr als bei der letzten vergleichbaren Sonnenfinsternis 2003. Die Stromnetzbetreiber freuen sich daher über Wolken am Himmel - völlig anders sieht das bei den Astronomie-Begeisterten aus, die auf einen ungetrübten Blick auf das seltene Naturschauspiel hoffen. Denn eine ähnliche Sonnenfinsternis gibt es hierzulande erst 2026 wieder.

Wie stets bei solchen Ereignissen warnen Experten nachdrücklich davor, die Finsternis ohne Spezialbrille zu verfolgen - gewöhnliche Sonnenbrillen reichen zum Schutz der Augen nicht aus. Auf keinen Fall sollten Himmelsgucker vermeintlichen Geheimtipps vertrauen und die immer noch blendende Sonne durch rußgeschwärzte Glasscheiben, belichtete Filme oder Gletscherbrillen betrachten - schlimme Augenverletzungen können die Folge sein.

Wer gar durch ein Fernglas oder Teleskop ohne Spezialfilter auf die Sonne blickt, nimmt seine Erblindung in Kauf. "Ich wurde schon gefragt, ob man eine Bierflasche vors Auge halten kann, weil die ja auch braun ist", sagt Chris Patrick Lohmann, Direktor der Augenklinik der TU München. Seine Antwort: "Das ist keine gute Idee." Wer das Himmelsspektakel dennoch annähernd live miterleben will, sollte sein Handy mitnehmen und filmen. Auf dem Display könne man die Sonnenfinsternis gefahrlos ansehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort