SPD auf Groko-Kurs SPD folgt Schulz auf Regierungskurs

Berlin/’Saarbrücken · Der SPD-Parteitag hat den Weg für Gespräche über eine große Koalition freigemacht. Parteichef Schulz wurde mit knapp 82 Prozent wiedergewählt.

 Martin Schulz wurde für seine Rede gefeiert, beim Wahlergebnis erhielt er einen Dämpfer:

Martin Schulz wurde für seine Rede gefeiert, beim Wahlergebnis erhielt er einen Dämpfer:

Foto: dpa/Michael Kappeler

Zehn Wochen nach der historischen Schlappe bei der Bundestagswahl hat die SPD Martin Schulz als Parteichef wiedergewählt. Allerdings erhielt er beim SPD-Parteitag kurz vor Beginn der Gespräche mit der Union über eine Regierungsbildung nur 81,9 Prozent der Stimmen – das sechstschlechteste Ergebnis eines SPD-Vorsitzenden. Kurz zuvor hatten die Delegierten mit großer Mehrheit den Gesprächen mit CDU und CSU zugestimmt.

Als Schulz im März den Parteivorsitz übernommen hatte, war er mit 100 Prozent der Stimmen gewählt worden. Nach diesem Ergebnis habe er schwere Zeiten erlebt, sagte Schulz gestern Abend nach der Abstimmung mit Blick auf den Absturz bei der Bundestagswahl auf 20,5 Prozent. „Ich wünsche mir, dass auf der Grundlage dieses Ergebnisses bessere Zeiten kommen.“

Der Wiederwahl des Parteichefs war eine rund fünfstündige kontroverse Debatte über die Zukunft der SPD vorausgegangen. Der Parteivorstand setzte sich mit seinem Vorschlag durch, ergebnisoffene Gespräche mit der Union über eine Regierungsbildung zu führen.

Drei Ergebnisse sind möglich: Neuauflage der großen Koalition, Tolerierung einer Minderheitsregierung und Neuwahlen. „Es gibt keinen Automatismus für irgendetwas“, versprach Schulz. Die Jusos hätten eine weitere große Koalition mit der Union gern ausgeschlossen. Im beschlossenen Antrag heißt es nun, dass über eine etwaige Aufnahme von Koalitionsverhandlungen im kommenden Jahr auf jeden Fall ein Sonderparteitag entscheiden muss. Die Ergebnisse eventueller Koalitionsverhandlungen werden dann Gegenstand einer Mitgliederbefragung.

Die stellvertretende Vorsitzende der Saar-SPD, Anke Rehlinger, begrüßte gegenüber der SZ das Parteitagsvotum: „Ich sehe es als klare Botschaft an diejenigen, die versucht haben, die SPD als eine Partei darzustellen, die sich nicht ihrer Verantwortung stellt.“

Schulz hatte vor der Abstimmung eindringlich für Gespräche mit der Union geworben. „Wir müssen nicht um jeden Preis regieren. Aber wir dürfen auch nicht um jeden Preis nicht regieren wollen“, sagte der 61-Jährige in seiner mehr als einstündigen Rede.

Bereits in der kommenden Woche will er nun mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer sprechen. Die CDU begrüßte den Beschluss der SPD. Auf Widerstand der CSU stieß sogleich ein Vorstoß von Schulz, die EU bis 2025 in die Vereinigten Staaten von Europa mit einem gemeinsamen Verfassungsvertrag umwandeln. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nannte den SPD-Chef einen „Europaradikalen“.

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