SPD bietet Bonus für Verzicht auf Steuererklärung

Berlin. Das Wahlprogramm der Genossen wird zwar erst am Wochenende offiziell beschlossen. Aber einige Details sind bereits durchgesickert. Falls die Sozialdemokraten nach der Bundestagswahl im September weiter am Kabinettstisch sitzen, soll neben einer Senkung des Eingangssteuersatzes sowie einer höheren Reichensteuer erstmals auch ein Lohnsteuerbonus zum Zuge kommen

 Für viele ein Graus: die alljährliche Steuererklärung. Foto: Argus

Für viele ein Graus: die alljährliche Steuererklärung. Foto: Argus

Berlin. Das Wahlprogramm der Genossen wird zwar erst am Wochenende offiziell beschlossen. Aber einige Details sind bereits durchgesickert. Falls die Sozialdemokraten nach der Bundestagswahl im September weiter am Kabinettstisch sitzen, soll neben einer Senkung des Eingangssteuersatzes sowie einer höheren Reichensteuer erstmals auch ein Lohnsteuerbonus zum Zuge kommen. Für die 300 Euro - Verheiratete bekämen das Doppelte - würde es reichen, dem Finanzamt per Postkarte einen Verzicht auf die Steuererklärung mitzuteilen. Die SPD will ihre Idee als Beitrag zur Vereinfachung des Steuerwesens verstanden wissen.

Attraktiv wäre eine solche Maßnahme für alle, denen das Finanzamt weniger als 300 Euro erstattet und für jene, die bislang nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn die Nebeneinkünfte im Jahr unter 410 Euro liegen, nur bei einem Arbeitgeber gearbeitet wurde, es keine Lohnersatzleistungen wie etwa Elterngeld gab und die Lohnsteuerkarte keinen Freibetrag enthält.

Arbeitnehmer, die außer ihrem Arbeitslohn und den Lohnersatzleistungen keine Einkünfte haben, können schon heute eine verkürzte Steuererklärung abgeben, in der die absetzbaren Kosten beschränkt sind. Auch sie dürften für eine weitere Vereinfachung dankbar sein.

Eine genauere Zahl der potenziellen Bonus-Nutzer ist freilich unklar. In Deutschland gibt es rund 26 Millionen Steuerzahler. Darunter sind aber auch viele Selbstständige, die von der Prämie ausgeschlossen wären. Die SPD kalkuliert für ihren Bonus mit Kosten von drei Milliarden Euro, die sie durch eine Börsenumsatzsteuer finanzieren will. Rechnerisch könnten so zehn Millionen Steuerzahler in den Genuss der Prämie kommen.

Der Bund der Steuerzahler hält das jedoch für weit überzogen. "Nur die allerwenigsten Steuerzahler werden profitieren", glaubt Verbandschef Karl Heinz Däke. Gleichwohl sieht er die Gefahr, dass Steuerzahler auf eine höhere Erstattung verzichten - und der Staat so am Bonus verdient. Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft geht indes von bis zu fünf Millionen Neukunden in den Finanzämtern aus, die bisher keine Steuererklärung abgeben mussten, aber nun an die 300 Euro rankommen wollen. Über die Konsequenzen für das Arbeitspensum der Steuerbeamten gehen die Meinungen in der Gewerkschaft aber auseinander. Während Gewerkschaftschef Dieter Ondracek einen "arbeitsökonomisch richtigen Ansatz" erkennt, geht sein Stellvertreter Manfred Lehmann von einer "erheblichen Mehrbelastung für die Finanzbeamten" aus.

Bei der Konkurrenz stieß die SPD-Idee auf Widerspruch. Otto Bernhardt (CDU) sprach von einem "steuerpolitischen Blindflug". Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin bemängelte, dass nun auch die SPD die Steuerbelastung von Geringverdienern zum Hauptproblem erkläre. Sinnvoller sei eine Senkung der Sozialbeiträge. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel kritisierte, erst sei dem Bürger zu viel Geld weggenommen worden, nun solle er mit einem Bonus abgespeist werden. Die Linkspartei befand, dass das Geld für höhere Renten und Hartz-IV-Bezüge besser angelegt sei. Produktion dieser Seite:

Roman Länger

Thomas Schäfer, Jörg Wingertszahn "Nur die allerwenigsten Steuerzahler profitieren."

Karl Heinz Däke,

Bund der Steuerzahler

Meinung

Halbherzige Idee

Von SZ-Korrespondent

Stefan Vetter

Für viele Arbeitnehmer ist die jährliche Steuererklärung eine lästige Sache. Viele haben kaum etwas parat, mit dem sie ihre Steuerlast drücken können. Trotzdem müssen sie Mühe und Schweiß investieren, um der Erklärungspflicht Genüge zu tun. Da klingt es viel versprechend, wenn ihnen die SPD das Übel ersparen und dafür sogar einen Bonus geben will. Unter dem Aspekt der Entbürokratisierung wäre das sicher ein Riesen-Fortschritt. Insofern hat die SPD durchaus den Nerv der Bürger getroffen. Allerdings mag es dem Wahlkampf geschuldet sein, dass ihre Idee nur mäßig durchdacht erscheint.

Nach geltendem Recht sind vergleichsweise wenige Beschäftigte von einer Steuererklärung befreit. Nur mit einer Prämie zu locken, aber nichts am komplizierten Steuerrecht zu verbessern, ist ein halbherziges Unterfangen. Der Grundgedanke verdient gleichwohl Lob.

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