Sonne satt im Saarland: 40-Grad-Marke könnte fallen

Saarbrücken · Hoch „Annelie“ hat das Saarland derzeit fest im Griff. Ob es den Temperatur-Rekord von 2003 knacken wird, ist unklar. Viele genießen die Sonne im Freibad. Andere schwitzen bei der Arbeit oder in der Schule.

 Einfach mal die Füße im Wasser baumeln lassen: Vanessa Molz (links) und Ronja Braun kühlen sich an der Freitreppe der Berliner Promenade in Saarbrücken ab. Foto: B&B

Einfach mal die Füße im Wasser baumeln lassen: Vanessa Molz (links) und Ronja Braun kühlen sich an der Freitreppe der Berliner Promenade in Saarbrücken ab. Foto: B&B

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In ganz Deutschland herrscht Tropen-Hitze - und der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt vor Neuschnee. Im nordrhein-westfälischen Kreis Düren soll die Schneedecke sogar bis zu zehn Zentimeter hoch liegen. Auch von Glätte ist in der kuriosen Meldung, die die führenden Meteorologen der Republik gestern als "amtliche Warnung" herausgeben, die Rede. Doch die Nachricht war ein Irrläufer. Eine "Technik-Panne", wie es beim DWD heißt.

Natürlich gab es gestern auch in Düren, Dortmund oder Köln Sonne satt. Genau wie im Rest Deutschlands. Bis zum Wochenende kratzt das Quecksilber gerade in der Mitte und im Süden des Landes an der 40-Grad-Marke. Wohl auch in Perl-Nennig. Der Ort im Norden des Saarlandes hält mit 40,3 Grad den bundesweiten Hitzerekord in 130 Jahren Wetteraufzeichnung. Gemessen von Meteomedia am 8. August 2003. Der DWD spricht den Saarländern den Rekord zwar ab. Aber er meldet ja auch Schnee im Hochsommer. Den Weltrekord hält dabei die Greenland Ranch im kalifornischen Death Valley: Am 10. Juli 1913 wurden dort offiziell 56,7 Grad gemessen.

Verantwortlich für die aktuelle Hitzewelle ist "Annelie". Das Hoch hat die warmen Luftmassen, die Tief "Quintus" aus Afrika in unsere Breitengrade drückt, fest im Griff. "Annelie" ist nach einer 90-jährigen Konstanzerin benannt. "Das war ein Geschenk von meinen drei Kindern", sagt Annelie Dehnert-Hilscher nicht ohne Stolz. Der Rentnerin vom Bodensee macht das heiße Wetter nichts aus - trotz ihres hohen Alters. "Ich bin da nicht so empfindlich." Wenn's ihr zu warm wird, gehe sie einfach baden. Das machten gestern auch tausende Saarländer. Die Liegewiesen der Freibäder und Stauseen waren voll.

Falls Saarländerinnen auch einem Hoch ihren Namen geben wollen, das dann ganz Deutschland bejubeln oder verfluchen kann: Die Freie Universität Berlin vergibt die Namen für jeweils 299 Euro. Männer bekommen in diesem Jahr nur Tiefs. Die sind zwar billiger (199 Euro), aber generell auch unbeliebter.

Beliebt bei Schülern in Saarlouis, Homburg oder St. Wendel wäre derzeit sicher das schöne Schlagwort "Hitzefrei". Doch das wurde von Kultusminister Jürgen Schreier (CDU ) 2006 abgeschafft. Die Schule sollte "verlässlicher" sein - oder eben heißer, wie es gerade in vielen Klassenzimmern zu erleben ist. "Hitze ist Hitze, da kann man nicht viel machen", sagt beispielsweise Karin Stab, stellvertretende Leiterin des Saarbrücker Otto-Hahn-Gymansiums. Positiv klingt zumindest: Schüler bekämen bei solchen Temperaturen keine Hausaufgaben auf, Tests seien nach der vierten Stunde gestrichen und Unterricht werde, wenn möglich, ins Freie verlegt. Genau wie der Sportunterricht. "Viel mehr geht nicht", sagt Stab.

Auch erwachsene Saarländer ächzen unter der Hitzewelle. Doch auch sie können wenig daran ändern. Unternehmen seien "rechtlich nicht verpflichtet", auf die große Hitze zu reagieren. Dennoch machen es "viele Betriebe auf freiwilliger Basis", sagt Mathias Hafner, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer. Die Maßnahmen reichten von flexiblen Arbeitszeiten, die eine Verlegung der Arbeit in die kühlen Stunden des Tages ermöglichen, über den Einsatz von Ventilatoren und Klimageräten bis hin zur Ausgabe von Kaltgetränken.

Stichwort "Kaltgetränke ": Die Bierbrauer freuen sich derzeit über den steigenden Absatz. "Das Wetter ist unser bester Außendienstmitarbeiter ", sagt Yvonne Piater vom baden-württembergischen Brauerbund stellvertretend für ihre Zunft. Am stärksten seien alkoholfreie Biere und Radler gefragt. Eisdielen haben sowieso Hoch-Saison bei diesen Temperaturen.

Was sicher auch hilft: viel, viel Wasser trinken. Das empfehlen Mediziner stets mantraartig. Genau wie Ärzte und Pfleger in den Saar-Kliniken. "Wir machen die Patienten derzeit verstärkt darauf aufmerksam, dass sie genug Flüssigkeit zu sich nehmen sollen", sagt Dr. Thomas Jakobs, Geschäftsführer der Saarländischen Krankenhausgesellschaft. Medizin-Meteorologen des DWD raten, tagsüber auf körperliche Aktivitäten im Freien zu verzichten. Und generell sollten Belastungen vermieden werden. Ein weiterer Tipp: viel Stoff tragen. "Das ist immer noch der beste Sonnenschutz", sagt Jakobs.

Wenn man Mode-Blogs vertraut, ist das aber - wie jedes Jahr - bei jungen Menschen kein Thema. Hip in der Hitze geht in dieser Saison nur mit Retro-Badeanzügen, "Pool-Slides", quasi Badelatschen für die Straße, und "Long Tees", also Shirts in Übergrößen.

Was passieren kann, wenn die Hitzewelle weiter anhält, sieht man derzeit bei unseren Nachbarn in Frankreich. Nicht nur in Saarbrückens Partnerstadt Nantes wurde mit 37 Grad gestern ein Hitzerekord gemessen. Die Folge: Etwa eine Million Haushalte stand zeitweise ohne Strom da. Auch Wasser-Knappheit ist ein Thema. Und Experten hierzulande warnen schon vor steigender Waldbrandgefahr und drohendem Fischsterben - auch im Saarland.

Wichtig ist, bei all den hypothetischen Horror-Wettermeldungen einen kühlen Kopf zu bewahren. Zum Beispiel in einer Kirche. In der Ludwigskirche in Saarbrücken wurden gestern angenehme 24 Grad gemessen.

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