Kurz vor Senatswahl Sex-Skandal um einen Moralapostel

Washington · Der konservative US-Republikaner Moore soll vier Teenager belästigt haben. „Fake News“, sagt er – und seine Parteikollegen vergleichen ihn mit „Josef“.

 Roy Moore soll sich an vier Jugendlichen vergriffen haben.

Roy Moore soll sich an vier Jugendlichen vergriffen haben.

Foto: dpa/Brynn Anderson

Predigt Roy Moore sonntags in einer Kirche, warnt er bisweilen düster vor dem Weg in die Sünde. Im Terrorinferno des 11. September 2001 sieht er die Strafe für ein Land, das sich von Gott abgewandt habe. Letzteres hat er erst im Februar in drastischen Worten wiederholt: Dass die New Yorker Zwillingstürme einstürzten und ein entführtes Flugzeug ins Pentagon krachte, sagte der Eiferer aus Alabama, habe auch damit zu tun, dass Amerika homosexuelle Partnerschaften legalisiere.

Noch vor wenigen Tagen sah es so aus, als würde der erzkonservative Jurist seine Karriere mit einem Sitz im Senat in Washington krönen. Ein Berufsleben, in dem es oft turbulent zuging. Als er eine der Richterwahlen verlor, wie sie in den USA üblich sind, wurde er Profi-Kickboxer. Später, inzwischen war er Alabamas oberster Richter, weigerte er sich, einer Entscheidung des Supreme Court nachzukommen und die Zehn Gebote der Bibel aus den Justizgebäuden zu entfernen. Moore verlor seinen Posten, und als er auf ihn zurückkehrte, verlor er ihn erneut. Diesmal hatte er für seinen Staat angeordnet, ein Urteil der höchsten Instanz zu ignorieren und Homo-Ehen weiter als Verstoß gegen das Gesetz zu behandeln.

Der Sprung in den Senat – damit wollte es der Hardliner allen zeigen, die sich ihm in den Weg gestellt hatten. Eines der beiden Mandate, die Alabama in der Kammer zustehen, wird neu vergeben, weil Jeff Sessions als Justizminister ins Kabinett Donald Trumps aufrückte. Im September hatte Moore, zwar nicht von Trump unterstützt, wohl aber von dessen geschasstem Chefstrategen Steve Bannon, überraschend klar die republikanischen Vorwahlen gewonnen. Das Finale im Dezember, gegen einen Demokraten namens Doug Jones, schien im konservativen Südstaatenmilieu Formsache. Nun aber kommt ein Skandal dazwischen, der den strengen Moralapostel in einer Reihe mit Bill Cosby und Kevin Spacey stehen lässt. Vier Frauen beschuldigen Moore, ihnen nachgestellt zu haben – als sie Teenager waren.

Für Aufsehen sorgt ein Fall:  1979 soll er, damals 32, ein angehender Staatsanwalt, eine 14-Jährige sexuell belästigt haben. In seinem Haus soll er ihr Alkohol serviert haben und dann zudringlich geworden sein. Begonnen hat es damit, dass sich Moore zu dem Mädchen, Leigh Corfman, und dessen Mutter Nancy auf eine Bank vor einem Gerichtssaal setzte und der Mutter anbot, sich um ihre Tochter zu kümmern. Drinnen sollte über Nancys Scheidung verhandelt werden, der Jurist gab den Verständnisvollen: Nancy würde sicher nicht wollen, dass Leigh alles mit anhören müsse. Als er mit der 14-Jährigen allein war, bat er sie um ihre Telefonnummer. Bei nächster Gelegenheit holte er sie ab, bei der übernächsten zog er sich vor ihr aus und nahm ihre Hand, auf dass diese seinen Penis berühre. So haben es sowohl Leigh Corfman als auch ihre Mutter der „Washington Post“ erzählt.

Moore attackierte die Zeitung, spricht von „Müll“ und „der Definition von Fake News“. Prominente Parteifreunde im Kongress fordern ihn stattdessen auf, die politische Bühne zu verlassen, sollte etwas dran sein an den Vorwürfen. In Alabama dagegen gibt es etliche, die ihm die Treue halten, die Loyalsten berufen sich dabei auf die Bibel. „Man nehme Maria und Josef“, sagt Jim Ziegler, der Staats-Rechnungsprüfer. „Maria war Teenager und Josef ein volljähriger Zimmermann, sie wurden die Eltern von Jesus.“ Moore habe nichts Unmoralisches getan – „vielleicht war es nur etwas ungewöhnlich“.

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