CSU-Chef Seehofer will gehen – aber doch nicht so ganz

Berlin/München · Der CSU-Politiker hat seinen Rücktritt als Parteivorsitzender angekündigt. Bundesinnenminister will er aber vorerst bleiben. Derzeit hat in der CSU ohnehin keiner Lust, nach Berlin zu wechseln.

Meint er es diesmal wirklich ernst? Wiederholt ist Horst Seehofer (CSU) vom Rücktritt zurückgetreten.

Meint er es diesmal wirklich ernst? Wiederholt ist Horst Seehofer (CSU) vom Rücktritt zurückgetreten.

Foto: Sven Hoppe/dpa/Sven Hoppe

Horst Seehofer tritt als CSU-Vorsitzender ab, aber nur halb. „Ich bin Bundesinnenminister und bleibe es auch“, sagte der 69-jährige Politiker gestern bei einem Besuch der Bundespolizei im sächsischen Bautzen. Sein Regierungsamt sei „völlig unberührt“ von seiner Funktion in der Partei. Dass Seehofer seinen Parteijob abgeben will, war schon aus den Beratungen der CSU-Führung am Sonntag in München durchgesickert. Dort ergriff Seehofer dem Vernehmen nach als Erster das Wort: Er wolle einer Erneuerung nicht im Wege stehen. Im Folgenden ging es nur noch um die Frage des Zeitpunkts. Die für Seehofer gesichtswahrende Lösung soll nun sein, dass der reguläre Parteitag von Ende auf Anfang 2019 vorgezogen wird. Wahrscheinlich wird Ministerpräsident Markus Söder dort auch im Parteiamt sein Nachfolger. Mit seinem Schritt kam der Ingolstädter Rücktrittsforderungen der Basis zuvor. Er war zuletzt als Hauptverantwortlicher für das schlechte Ergebnis der Landtagswahl ausgemacht worden.

„Die Entscheidung steht fest, nur über den Zeitpunkt gibt es noch Gespräche“, sagte Seehofer in Bautzen. Seehofer-Kenner zucken nun zusammen. Denn der Ingolstädter ist schon oft auch von Rücktritten zurückgetreten. 2013 zum Beispiel sagte er, er werde 2018 nicht wieder als Ministerpräsident antreten. Wenig später stellt er das dann wieder in Frage, um Söder zu verhindern. Letztlich gab er das Münchener Regierungsamt dann nur unter großem Druck der Basis ab; Söder übernahm. Noch im vergangenen Sommer verkündete er auf dem Höhepunkt des Streits um seinen „Masterplan Migration“ mit der CDU, dass er „in den nächsten drei Tagen“ den Rücktritt von beiden Ämtern vollziehen werde, als CSU-Chef und als Bundesinnenminister. Als sich der Streit aufgelöst hatte, geschah mit dieser Ankündigung das Gleiche.

Im Innenministerium kann Seehofer amtieren, solange er selbst will und solange ihn die CSU lässt. Im Moment gibt es keinen Konkurrenten; niemand hätte Lust, jetzt nach Berlin zu wechseln und ein sicheres Amt daheim aufzugeben, nur um dann möglicherweise bald im Bund vor Neuwahlen mit ungewissem Ausgang zu stehen. Joachim Herrmann, der der aussichtsreichste Kandidat wäre, wurde erst gestern wieder zum Landesinnenminister ernannt.

Mit Seehofers schrittweisem Abgang endet eine fast 40-jährige, höchst wechselvolle politische Karriere. Seehofer, der ein Arbeiterkind ist und anfangs eine Lehre als Amtsbote machte, brachte es mehrfach zum Bundesminister in verschiedenen Ressorts. Zehn Jahre lang war er bayerischer Ministerpräsident. 24 Jahre lang gehörte er den Führungsgremien seiner Partei als Vize oder als Vorsitzender an, auch leitet er die christlich-soziale Arbeitnehmerunion. 2004 trat er im Streit um die von ihm abgelehnte Gesundheitsprämie in der gesetzlichen Krankenversicherung als stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Bundestag zurück, im gleichen Jahr wie Friedrich Merz. Wie dieser arbeitete sich auch Seehofer immer wieder an Kanzlerin Angela Merkel ab – zuletzt in der Flüchtlingspolitik. Immer wieder machte Seehofer auch privat Schlagzeilen: 2002, weil er an einer verschleppten Grippe schwer erkrankte; 2007, weil bekannt wurde, dass er in Berlin außerehelich ein Kind gezeugt hatte. Seit er Markus  Söder das Amt des Ministerpräsidenten in Bayern überlassen musste, wirkte Seehofer immer unsicherer. Im Streit um Verfassungsschutzpräsident Maaßen brachte er die Groko im September erneut fast wieder zu Fall.

Seehofers Versuch, das Amt des Innenministers nun noch zu behalten, rief vor allem bei der Opposition Reaktionen zwischen Belustigung und Empörung hervor. „Eine Lame Duck ist im Vergleich zu Horst Seehofer ein quietschvergnügtes Entchen“, sagte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch.

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