Gastbeitrag Präsident Trump hat ein Vorbild in der Geschichte

Der US-Präsident mag sich dessen nicht bewusst gewesen sein. Aber er steht in der Tradition von Andrew Jackson, der vor 180 Jahren regierte.

TRIER Die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten wurde in der Hauptstadt wie eine feindliche Übernahme empfunden. Trump hatte seinen Wahlkampf mit scharfen Attacken gegen das Establishment in Washington geführt; „Den Sumpf trockenlegen“, lautete einer seiner Slogans. Die Anti-Washington-Rhetorik hat eine längere Vorgeschichte, die in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurückgeht: die Jacksonian Tradition.

Ihr Namensgeber ist der in den 1830er Jahren zweimal ins Weiße Haus gewählte Andrew Jackson, der mit seiner Vita bis heute stark polarisiert: zwar unbestritten ein militärischer Befehlshaber von Rang, aber zugleich ein Mann, der berüchtigt für blutige Feldzüge gegen Indianer wurde und der auch persönlich Sklaven besaß.

Im Zentrum seiner politischen Vorstellungswelt stand die Figur des common man, des gemeinen Mannes, als Basis von Demokratie und als Gegenpol zu Wirtschaftseliten und Bürokratie in der Hauptstadt. Obwohl erheblich abgeschwächt, blieb hier ein Anknüpfungspunkt für die heutzutage vor allem bei den Republikanern kultivierte Skepsis gegenüber Experten und Wissenschaftlern, nicht zuletzt den Klimaforschern.

Die mit Jacksons Namen verbundene Denkströmung in der amerikanischen Politik geht aber über Misstrauen gegen Eliten hinaus, und Trump hat daran in seiner Wahlkampagne unverkennbar angeknüpft. Charakteristisch für diese Tradition ist eine absolute Unterscheidung zwischen den Mitgliedern der Gemeinschaft und Außenseitern. Während einer langen Phase der amerikanischen Geschichte blieben von dieser Kultur viele Einwohner explizit ausgeschlossen: Sklaven und ihre befreiten Abkömmlinge, Indianer, nichteuropäische Einwanderer. Solche natürlichen Unterschiede abzubauen, ist für dieses Amerika keine legitime Aufgabe von Gesetzgebung.

Ob Trump eine Ahnung von diesen historischen Wurzeln hatte, sei dahingestellt. Er hat sie jedoch ausdrücklich für sich in Anspruch genommen, als er ins Weiße Haus einzog. Als eine seiner ersten Amtshandlungen hat der neu gewählte Präsident das Porträt seines entfernten Vorgängers im Oval Office aufhängen lassen.

Trump zeigt in wesentlichen Fragen durchaus klares Handlungsprofil, in dem man unschwer jene Jacksonian Tradition erkennt. Das gilt unter anderem für die ideologischen Elemente seiner Außenpolitik, Nationalismus und Isolationismus. Es gibt jedoch einen Bereich, in dem Trump von dem abweicht, was er versprochen hat, und der betrifft den Slogan „den Sumpf trockenlegen“. Er hat das genaue Gegenteil gemacht. Von der Obama-Administration eingeführte Restriktionen wurden beseitigt, so dass frühere Lobbyisten Leitungspositionen in Regierungsagenturen übernehmen konnten. Wo eine rote Linie eindeutig überschritten scheint, ist die fehlende Abgrenzung zwischen dem Amt des Präsidenten und den geschäftlichen Interessen des Amtsinhabers.

Interessant ist, welche Auswirkungen dies für die Zustimmung in der Wählerschaft hat. Die Unterstützung seiner Kernanhängerschaft ist bisher nicht nennenswert abgebröckelt. Jacksonians, schrieb bereits vor bald zwei Jahrzehnten der Politikwissenschaftler und maßgebliche Analytiker dieser soziokulturellen Strömung, Walter Russell Mead, ließen sich nicht von einem gewissen Maß an Korruption beeinflussen, Fehler dürften durchaus gemacht werden. Denn, und das trifft die gegenwärtige Stimmungslage in Trumps Anhängerschaft: „Der Held wird über die unerschütterliche Loyalität des Jacksonian America so lange verfügen, wie man hier sein Herz an der richtigen Stelle wähnt.“

Der Autor war Professor für Politikwissenschaft an den Universitäten Trier und Saarbrücken. Er lebt in Trier und Washington D.C.

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