Umwelt Plastikmüll wird zum neuen grünen Topthema

Berlin · Abgaben auf Coffee-to-go-Becher und Mehrwegquoten sollen die Flut stoppen. Außerdem soll mehr Kunststoff recycelt werden.

 Einweg-Kaffeebecher stapeln sich auf einem vollen Mülleimer.

Einweg-Kaffeebecher stapeln sich auf einem vollen Mülleimer.

Foto: dpa/Uwe Zucchi

Die Atomkraft hat sich so gut wie erledigt, jetzt rücken die Grünen ein anderes Problem in den Vordergrund ihrer politischen Forderungen: Die Bekämpfung von Plastikmüll. Neben dem Klima- und dem Artenschutz soll es das dritte zentrale Thema werden, „mit hoher Relevanz bei künftigen Regierungsbeteiligungen“, wie Fraktionschef Anton Hofreiter gestern in Berlin sagte.

Auf mögliche Koalitionspartner kämen also eine ganze Reihe von Forderungen zu, mit denen die Partei die Müllflut eindämmen will. So will sie eine Abgabe auf umweltschädliche Wegwerfprodukte wie Coffee-to-go-Becher oder Einweg-Essensverpackungen einführen. Zehn bis 20 Cent könnte die betragen, wobei Hofreiter betonte, dass es nicht auf die Einnahmen ankomme. „Es geht uns um die Lenkungswirkung.“ Für die Getränkeindustrie will die Partei wieder eine verbindliche Mehrwegquote einführen: 80 Prozent Mehrweganteil soll bis 2030 das Ziel sein. Um das zu erreichen, wollen die Grünen das Pfandsystem auf alle PET-Flaschen ausweiten. Auch müsse die Kennzeichnung der Flaschen viel klarer werden. Im neuen Verpackungsgesetz sind 70 Prozent Mehrweg ab 2019 vorgeschrieben, was mit 43 Prozent derzeit noch weit unterschritten wird.

Hofreiter und die Grünen-Expertin Bettina Hoffmann räumten bei ihrer Pressekonferenz in Berlin gestern ein, dass in Deutschland bisher relativ wenig Plastik in der Umwelt landet. Anders als in vielen Ländern Asiens und Afrikas. Hierzulande würde aber noch viel zu viel Plastik verbrannt, statt es zu recyceln. Die Politiker sprachen sich für die deutschlandweite Einführung einer Wertstofftonne aus, die die bisherigen gelben Säcke ersetzen soll. Ziel sei es, deutlich mehr Wertstoffe als bisher zurückzugewinnen und wieder in den Kreislauf einzuführen. „Wir brauchen einen Neustart für eine echte Kreislaufwirtschaft.“ Mikroplastik in Kosmetika solle ganz verboten werden. Und abgelaufene Lebensmittel dürften nicht mehr mit ihrer Verpackung ge­schreddert werden. Denn das gelange dann in die Böden.

 29SZ-Plastikmüll

29SZ-Plastikmüll

Foto: SZ/Steffen, Michael

Hofreiter, der sich in dieser Woche auf eine Informations-Rundreise zu diesem Thema begibt, sagte, es sei unglaublich, in welchem Umfang die Menschheit ihren Planeten in kurzer Zeit vermüllt habe. Plastik in Meeren zersetze sich erst nach 500 bis 1000 Jahren. Es gelange sowohl in die Fische, als auch über die Nahrungsmittelkette wieder zum Menschen. Es helfe auch wenig, das, was an der Oberfläche schwimme, wieder einzusammeln, da das nur etwa ein Prozent des gesamten Plastikmülls im Meer ausmache. Das meiste sei Mikroplastik. Eine gewisse Hoffnung setzt der Grünen-Politiker auf die Forschung: Dort arbeite man an besser recycel- und verrottbarem Plastik. Das wollen die Grünen stärker fördern. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD sind im Grundsatz ähnliche Ziele formuliert, etwa die „Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft“ oder der „Schutz der Meere vor Vermüllung“. Das werde jedoch, kritisierte Hofreiter, bisher nicht ausreichend umgesetzt.

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