Kim Jong Un Nordkorea verkündet Atomtest-Stopp

Peking/Seoul/Washington · Zeitenwende oder nur leere Versprechen? Kim Jong Un hat angekündigt, seine Raketen-Versuche einstellen zu wollen. Ob die Zeichen jetzt wirklich auf Abrüstung stehen, wird sich noch zeigen.

() Jetzt müssen wir nicht mehr testen, weil wir längst eine Atomstreitmacht aufgebaut haben. So lässt sich die Botschaft von Kim Jong Un zusammenfassen. Nordkoreas Machthaber will sich nunmehr auf den wirtschaftlichen Aufbau seines armen, unter strengen Sanktionen leidenden Landes konzentrieren. Die Abkehr von seinen jahrelangen Provokationen mit Raketenversuchen weckt Hoffnungen auf eine nukleare Abrüstung, aber aufgeben will Kim seine Atomwaffen keineswegs. Er verkündet vielmehr den „großen Sieg“, Nordkorea unter seiner Führung in nur kurzer Zeit zur Atommacht entwickelt zu haben.

Trotzdem ist seine Ankündigung, die Versuche einzustellen, ein wichtiger erster Schritt. Er ebnet den Weg für die historischen Gipfeltreffen des Machthabers mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In und US-Präsident Donald Trump. Es ist sogar mehr, als sich diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt erhoffen konnten. Moon und Trump sprachen auch umgehend von einer guten Grundlage für ihre Begegnungen mit dem jungen nordkoreanischen Führer. Den Auftakt macht das erste Treffen am Freitag im Grenzort Panmunjom mit Südkoreas Präsidenten Moon.

Kims jüngstes Friedenssignal überraschte, ließ zugleich aber viele Fragen offen. „Von einer Beseitigung der Atomwaffen, die das Land bereits besitzt, ist nicht die Rede“, sagt der südkoreanische Experte Lee Sang Hyun vom privaten Sejong-Institut. „Dennoch ist das ein positives Zeichen.“ Die Frage, ob Nordkorea zu einer kompletten Denuklearisierung bereit sei, sei äußerst komplex. Kim dürfte bei seinen Treffen mit Moon und Trump eine „umfassende Sicherheitsgarantie“ fordern. Doch kein Land sei imstande, eine solche Garantie auszustellen, sagt Lee.

Trump wird Kims Ankündigung in den ihm eigenen Kategorien als geradezu monumentale Bestätigung seines Kurses sehen. Die Nachricht aus Nordkorea war kaum in der Welt, da reagierte der US-Präsident schon begeistert auf Twitter: Ein „großer Fortschritt“ sei das, für Nordkorea und für die Welt. „Ich freue mich auf unseren Gipfel.“ Ende Mai, Anfang Juni steht im Raum. Vielleicht in Stockholm, Ulan Bator oder anderswo.

Nun spielt Kim dem Amerikaner anscheinend in die Karten. Geschickt verkündet der Machthaber den Sieg seiner Atomstrategie und gibt Trump im gleichen Atemzug etwas, was der US-Präsident seinerseits als Erfolg für sich reklamieren kann. Dabei verkündete Kim eigentlich, dass Nordkorea jetzt zum illustren Club der Atommächte gehört – Trump und andere mögen das bitte anerkennen. Denn eins haben alle Atommächte gemeinsam: Sie haben es nicht mehr nötig zu testen.

Wie weit seine nukleare Streitmacht wirklich gediehen ist, bleibt offen. Sein Selbstbewusstsein impliziert aber, dass er einsatzfähige Atomraketen besitzt. Die Bedrohung der USA und ihrer Verbündeten bleibt damit glaubwürdig, dient unverändert als sein wichtigstes Faustpfand. Mit der Ankündigung, das Atomtestgelände Punggye-ri abzubauen, um „transparent“ die Aussetzung der Nuklearversuche zu garantieren, scheint Kim geradezu internationale Inspekteure einzuladen, um sich davon zu überzeugen. Was Kim im Gegenzug will, zeigt seine Ankündigung, sich jetzt auf die Hebung des Lebensstandards seines Volkes konzentrieren zu wollen. Dafür müssten die Sanktionen gelockert werden. Auch ist wirtschaftliche Hilfe nötig. Nur ohne atomare Abrüstung wird all das nicht geschehen. „Der entscheidende Punkt ist, dass sie die Atomwaffen aufgeben müssen, wenn sie die Wirtschaft entwickeln wollen“, sagt Professor Jin Qiangyi von der Yanbian Universität in der Grenzprovinz Jilin.

Wenn Kim aber seine Atomwaffen nicht aufgeben will? Obergrenzen für sein Atom- und Raketenarsenal wären ein erster Schritt, weil sie die Bedrohung eindämmen könnten, argumentieren Experten. Das Einfrieren der Tests öffnet die Tür, um Nordkoreas Arsenal so einzugrenzen, dass die USA und ihre Verbündeten sicherer wären, solange die Gespräche laufen. Erst muss das schwierige Erbe des Koreakrieges (1950-53) aufgearbeitet, ein Friedensabkommen geschlossen und mehr Vertrauen geschaffen werden, bevor die Abrüstung vorankommen kann. „Wenn sich die Lebensumstände der Menschen verbessern, erhöht sich die Möglichkeit für eine Beseitigung der Atomwaffen“, sagt Professor Jin Qiangyi. Es könnte alles aber auch schief laufen, warnt der Experte. Wenn die Gespräche mit den USA scheitern, die Sanktionen und der militärische Druck verschärft würden, könnte Kim die Tests auch wieder aufnehmen.

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