Nobelpreis für eine aufreibende Mission

Oslo · Mit Atemmasken und Schutzanzügen kämpfen sie gegen die giftigsten Stoffe – die Kontrolleure der Organisation zum Verbot von Chemiewaffen. Ihr Einsatz für eine bessere Welt wurde jetzt mit dem Friedensnobelpreis gewürdigt.

Die Giftgasvernichter der Organisation zum Verbot von Chemiewaffen (OPCW), die gestern in Oslo den Friedensnobelpreis verliehen bekamen, haben eine aufreibende Mission. Erst soll Syrien von seinen Giftgasvorräten befreit werden, dann die ganze Welt. Doch der Zeitplan der Waffenkontrolleure ist eng - und gespickt mit Unwägbarkeiten. "Unsere Experten arbeiten in einer sehr schwierigen Umgebung unter schwierigen Bedingungen", sagt OPCW-Generaldirektor Ahmet Üzümcü. Zugangsstraßen sind nicht befahrbar oder zu unsicher. Trotzdem sollen noch in diesem Jahr die giftigsten Materialien weggeschafft sein. Gerade rechtzeitig hatten sich die USA vor rund einer Woche bereit erklärt, diese Stoffe auf See zu vernichten. Spätestens am 31. Dezember sollen die Chemiewaffen auf ein Schiff verladen werden. "Es wird schwierig sein, diesen Zeitplan zu erfüllen", sagt Üzümcü. Noch ist auch nicht klar, an welchem Hafen das Gas umgeladen werden soll. Anfang Februar, so haben es sich die OPCW-Kontrolleure vorgenommen, sollen alle Chemiewaffen aus Syrien verschwunden sein. "Wir wissen nicht, ob wir die Frist einhalten können", räumt Üzümcü ein. "Es könnte ein paar Tage Verspätung geben."

Mitte Juni soll dann alles vernichtet sein. "Ich weiß, dass die Zerstörung der Chemiewaffen den Konflikt in diesem Land nicht beenden wird", meint Üzümcü. "Aber das ist das einzige Gebiet, auf dem die internationale Gemeinschaft zusammenarbeiten und eine Position beziehen konnte." Wenn die Mission Syrien vollendet ist, warten neue Herausforderungen auf die Kontrolleure: Israel, Birma, Angola, Nordkorea, Ägypten und der Südsudan haben die internationale Chemiewaffen-Konvention noch nicht umgesetzt. "Wir wissen aber, dass einige sehr kurz vor einer Mitgliedschaft stehen", gibt sich Üzümcü optimistisch.

Kampf dauert schon 16 Jahre

Die Geschichte der OPCW sei aber nicht nur eine Erfolgsgeschichte, sagte der Chef des Nobelkomitees, Thorbjörn Jagland, bei der Preisverleihung im Osloer Rathaus. "Die OPCW konnte die Deadline von April 2012 nicht einhalten, zu der alle chemischen Waffen zerstört sein sollten." Etwa 20 Prozent der Giftgasvorräte, darunter amerikanische und russische Waffen, seien noch vorhanden. "Es ist natürlich nicht akzeptabel, dass zwei Weltmächte, die selbst so erpicht darauf sind, dass andere ihre Lager so schnell wie möglich zerstören, es noch nicht geschafft haben, das selbst zu tun", meint Jagland.

"Dieser Prozess dauert länger, als er ursprünglich geplant war", sagt Üzümcü. Ziel war, alle Chemiewaffen innerhalb von zehn Jahren zerstört zu haben, mit der Option einer Verlängerung um fünf Jahre. Jetzt dauert der Kampf schon 16 Jahre - und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Es gibt zu viele Ungewissheiten. Üzümcü legt sich nur soweit fest: "Wir sind dazu bestimmt, die Welt von chemischen Waffen zu befreien. Und das in unserem Leben zu schaffen."

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