Monopoly ums schwarze Gold

Der Einbruch der Ölpreise treibt die Weltwirtschaft um. Wann ziehen sie wieder an? Die Internationale Energieagentur gibt einen Ausblick. Russland ist der Verlierer, die USA könnten der große Sieger werden. Doch dort herrscht Sorge vor einem Ende des Booms.

Der globale Wettstreit um Vorteile auf dem Markt mit dem schwarzen Gold , dem Schmiermittel der Weltwirtschaft , ist derzeit mindestens genauso heftig wie derjenige um die politische Vormachtstellung. Der Rohölpreis ist seit Juni 2014 um die Hälfte eingebrochen. Eine solche Schwankung bei einem der global wichtigsten Rohstoffe produziert Gewinner und Verlierer.

Glaubt man der Internationalen Energieagentur (IEA), hat der Westen die Nase vorn beim Rohstoff-Monopoly. Ihrer mittelfristigen Marktprognose zufolge ist Russland der große Verlierer, auch die Opec-Länder rund um den weltgrößten Ölförderer Saudi-Arabien können nicht wie erhofft punkten. Die USA und ihre vergleichsweise neue Förderung von Schieferöl sollen derweil als großer Gewinner aus der gegenwärtigen Krise um den eingebrochenen Ölpreis hervorgehen.

Russland werde bis 2020 rund 560 000 Barrel (je 159 Liter) an Tagesproduktion einbüßen, glaubt die IEA. "Russland sieht sich einem absoluten Sturm von niedrigen Preisen, Sanktionen und Währungsschwankungen ausgesetzt", sagte Generalsekretärin Maria van der Hoeven gestern in London.

Igor Setschin, Chef des russischen Staatskonzerns Rosneft und enger Vertrauter von Präsident Wladimir Putin, holte zum Gegenschlag aus: Er bezichtigte die Opec-Länder, mit ihrer Politik ungedrosselter Förderung für den Preisverfall verantwortlich zu sein. "Der Preisabstieg von über 50 Prozent drückt auf der Angebotsseite auf die Bremse", sagen auch die IEA-Experten. Wichtige Ölproduzenten verschieben Investitionen in neue Felder, weil sie im Moment nicht rentabel genug sind - der britisch-niederländische Shell-Konzern in den nächsten drei Jahren etwa eine Summe von 15 Milliarden Dollar.

Ungeachtet der turbulenten Großwetterlage auf den Weltmärkten werden die USA - so prognostiziert jedenfalls die IEA - bis 2020 ihren Ausstoß deutlich erhöhen, um 2,2 Millionen Barrel pro Tag. "Die USA bleiben die größte Wachstumsquelle", urteilen die Experten. Die Schieferöl-Produktion in den Vereinigten Staaten, die zu einer erheblichen Ausweitung der Fördermenge geführt hat und ein zentraler Faktor beim Preisverfall war, ist vergleichsweise aufwendig und damit teuer. Aber sie kann auch relativ flexibel hoch und runter gefahren werden und damit auf Marktschwankungen reagieren.

"Wir hatten bisher mit Saudi-Arabien ein Produktionsland, das in der Lage war, Marktumschwünge zu bewerkstelligen. Jetzt haben wir mindestens zwei", sagte van der Hoeven. Kanada werde neben den USA um weitere 810 000 pro Barrel zulegen.

Die Opec-Länder hoffen dagegen vor allem in einem Land auf Wachstum - dem Irak. Bisher habe dort die politische Lage - der Konflikt mit der Terrormiliz IS gilt auch als Unsicherheitsfaktor für die Ölindustrie - noch zu keinerlei Einbußen geführt. Bis 2020 soll der Irak bei der Ölförderung um 1,1 Millionen Barrel jährlich stärker werden - auch dank der wohl nicht ganz kostenlosen Hilfe westlicher Verbündeter.

Genauso entscheidend für die Preisentwicklung von Öl wie die Fördermengen ist die globale Nachfrage. Und die fällt in naher Zukunft eher geringer aus als angenommen. Die Weltwirtschaft wächst - trotz des niedrigen Ölpreises - nicht wie erhofft.

In afrikanischen Ländern wird weniger Auto gefahren, und in den Industrienationen verliert das Erdöl an Bedeutung im Mix der Energieträger zugunsten erneuerbarer Energien und Gas. Fachleute gehen daher nur von einer Erholung der weltweiten Ölnachfrage um jährlich 1,2 Prozent bis 2020 aus - im Vergleich zu einem Wachstum von 1,9 Prozent in den Jahren 2001 bis 2008.

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