Jerusalem Merkel schlägt in Israel neuen Ton an

Jerusalem · Deutschland und Israel versuchen in Jerusalem deutlich, ihr Verhältnis zu bessern – trotz offener Differenzen über den Iran.

 Kanzlerin Merkel ist erstmals seit drei Jahren zu Regierungskonsultationen in Israel – und besuchte auch das Holocaust-Museum Yad Vashem in Jerusalem.

Kanzlerin Merkel ist erstmals seit drei Jahren zu Regierungskonsultationen in Israel – und besuchte auch das Holocaust-Museum Yad Vashem in Jerusalem.

Foto: dpa/Debbie Hill

Das Verhältnis zwischen Kanzlerin Angela Merkel und dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu galt immer als gespannt. Doch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Jerusalem schlagen beide neue Töne an. Die Stimmung wirkt an diesem Donnerstag zeitweise fast gelöst. Merkel habe echtes Engagement für die Stabilität in Nahost gezeigt und er schätze das sehr, lobt Netanjahu. „Deutschland und Israel haben die Grauen der Vergangenheit überwunden.“ Ihr Beispiel könne „allen Menschen auf der Welt Hoffnung machen“.

Die Differenzen – vor allem in den Fragen des Iran-Abkommens und der Zukunft der Palästinenser – bleiben bei den siebten gemeinsamen Regierungskonsultationen zwar bestehen. Doch etwas ist dieses Mal anders. Anstatt etwa darauf zu beharren, dass an dem Atomabkommen mit dem Iran um jeden Preis festgehalten werde müsse, betont Merkel Verständnis für die Situation Israels. Natürlich habe sich die Bedrohungslage durch die iranischen Truppen im syrischen Bürgerkrieg, die quasi auf der anderen Seite der Golanhöhen stehen, massiv erhöht, sagt die Kanzlerin.

Die israelische Seite lässt keinen Zweifel daran, was sie von ihren Partnern erwartet. „Das iranische Monster muss ausgehungert, nicht gefüttert werden“, hält Präsident Reuven Rivlin Merkel bei einem gemeinsamen Essen entgegen – und verlangt von Europa neue Sanktionen gegen Teheran. Deutschland sehe, unter welchem Druck Israel stehe, versichert die Kanzlerin. Und ob vor Studenten, beim Treffen mit Netanjahu oder bei Tisch mit Rivlin – Merkel wird an diesem Tag nicht müde zu betonen, „dass alles unternommen werden muss, um die nukleare Bewaffnung (des Irans) zu verhindern“. Und sie hebt wiederholt hervor, sie stimme in diesem Punkt mit Netanjahu „absolut überein“.

Der Dissens aber, auf welchem Wege eine nukleare Bewaffnung des Irans verhindert werden kann, bleibt: das Atomabkommen auflösen und neu und härter verhandeln – oder am Abkommen festhalten, um zumindest vorübergehend eine Verschnaufpause zu haben. Dabei räumt die Kanzlerin ein, auch nicht zu wissen, wie sich Teheran nach Auslaufen des Abkommens verhalten wird.

Hat sich die deutsche Position geändert? Wohl nicht. Die Kanzlerin zeigt sich in solchen Fällen pragmatisch. Nur miteinander reden bringt eine Sache weiter. Nach dem Motto: Wenn man nicht mehr miteinander spricht, weil einem an der Politik des anderen etwas nicht gefällt, wird der Kreis der Gesprächspartner schnell kleiner. Und so versuchen Merkel und Netanjahu nach der langen Zeit der Spannungen, sei es wegen des Atomabkommens, sei es wegen der israelischen Siedlungspolitik, die eine Zweistaatenlösung Israels und der Palästinenser verhindert, im zehnten Jahr der gemeinsamen Konsultationen konstruktiv nach vorne zu schauen.

Dazu gehört die Vereinbarung einer engeren Zusammenarbeit in Wirtschaft und Wissenschaft. Merkel schwärmt geradezu, dass sich in Israel – trotz dieser Bedrohungslage – eine „lebendige und dynamische“ Startup-Gemeinde entwickelt habe. Man könne hier mehr von einander lernen. Und Deutschland müsse sich anstrengen, sich gegen die Angebote aus Amerika oder China zu behaupten. Netanjahu schwärmt vom Beginn einer neuen Phase in den deutsch-israelischen Beziehungen.

Diese Beziehungen werden immer besonders bleiben. Das unterstreicht Merkel an diesem Donnerstag in Jerusalem wiederholt. Und das liegt an der immerwährenden deutschen Verantwortung für den Holocaust. Der wieder stärker werdende Antisemitismus in Deutschland bereitet in Israel in der Tat Sorgen. Das ist auch dann nicht wegzudiskutieren, wenn Netanjahu Merkel wegen ihres Engagement gegen diese Tendenzen lobt und zur Ernennung von Felix Klein zum Antisemitismusbeauftragten gratuliert. Ein gemeinsames Jugendwerk soll jetzt dafür sorgen, dass die Vergangenheit nicht vergessen wird.

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