Margot Käßmann eckt richtig an

Hannover. Sie ist noch keine 100 Tage im Amt, und schon eckt Margot Käßmann richtig an. Als erste Frau an der Spitze der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vertritt die hannoversche Landesbischöfin seit Ende Oktober rund 25 Millionen Protestanten. Nun muss sich die 51-Jährige vor allem als Krisenmanagerin in eigener Sache beweisen

Hannover. Sie ist noch keine 100 Tage im Amt, und schon eckt Margot Käßmann richtig an. Als erste Frau an der Spitze der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vertritt die hannoversche Landesbischöfin seit Ende Oktober rund 25 Millionen Protestanten. Nun muss sich die 51-Jährige vor allem als Krisenmanagerin in eigener Sache beweisen. Ihre erste Neujahrspredigt als EKD-Ratsvorsitzende löste wegen ihrer Äußerungen zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr eine Welle der Kritik aus - in der Amtszeit ihres Vorgängers Wolfgang Huber hatte es solch lautstarke Querelen kaum gegeben.

Ausgerechnet in dieser Phase der Misstöne gibt Käßmann nun auch noch preis, dass sie von einem Rückzug ins Private träumt und sich als EKD-Ratsvorsitzende in ihrem privaten Leben stark eingeschränkt fühlt. Im aktuellen "Zeit-Magazin" schreibt die geschiedene Mutter von vier Töchtern: "Beruflich habe ich alles erreicht, was eine Theologin in diesem Land erreichen kann. Auch wenn die Arbeit als Ratsvorsitzende nicht unbedingt ein Traumjob ist."

Das Thema Afghanistan wird sie so schnell nicht loslassen - zumal die niedersächsische Landesregierung noch einmal richtig Öl ins Feuer goss. Innenminister Uwe Schünemann (CDU) bezeichnete die Aussage der EKD-Ratsvorsitzenden in der "Bild"-Zeitung als "weltfremd" und sagte: "Wer wie Käßmann einen raschen Abzug fordert, verkennt die Gefahr, dass Afghanistan wieder zum Beutestaat von Steinzeit-Islamisten wird."

Käßmann, die die Anliegen der Kirche stets mit Nachdruck und Charme gleichermaßen vertritt, fühlt sich missverstanden. Sie sage nicht, dass der Afghanistan-Einsatz schlecht sei, erhoffe sich aber mehr "Fantasie für den Frieden", erklärte sie. Doch ihre Aussagen sorgten parteiübergreifend für Verstimmung, die Bundesregierung sprach von einer "Meinungsverschiedenheit". Am kommenden Montag wird die Bischöfin deshalb mit Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) über die Afghanistan-Politik sprechen.

In ihrer Neujahrspredigt hatte Käßmann einen Abzugsplan für die deutschen Soldaten in Afghanistan gefordert. "Auch nach den weitesten Maßstäben der Evangelischen Kirche in Deutschland ist dieser Krieg so nicht zu rechtfertigen", hatte sie zuvor in einem Interview gesagt. Aus der Bundeswehr hieß es daraufhin empört: "Es wäre besser gewesen, wenn Käßmann vor ihrer Predigt das Gespräch mit den Soldaten über ihre schwierige Aufgabe gesucht hätte." In Zeitungskommentaren war zu lesen, Käßmann sei übers Ziel hinausgeschossen. Andere Medien würdigten ihre Predigt als legitime Mahnung. Rückhalt bekam Käßmann vor allem auch von anderen norddeutschen Bischöfen.

Nach einigen schweren Krisen - ihrer Scheidung und einer Brustkrebserkrankung - muss die selbstbewusst auftretende Bischöfin nun beweisen, wie sie den holprigen Start an der Spitze der EKD meistern kann.

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