Katalonien Madrid entschuldigt sich für Verletzte bei Referendum

Barcelona · In der Katalonien-Krise hat sich die spanische Regierung für Neuwahlen in der nach Unabhängigkeit strebenden Region ausgesprochen. Der „Bruch“ zwischen Madrid und Barcelona müsse gekittet werden, sagte Regierungssprecher Íñigo Méndez de Vigo am Freitag nach einer Kabinettssitzung. Dies könne über Regionalwahlen in Katalonien geschehen. Zuvor hatte es Anzeichen einer Entspannung im Konflikt zwischen der Zentralregierung und der Regionalregierung gegeben.

 Mit voller Härte ging die spanische Nationalpolizei am vergangenen Sonntag gegen Anhänger des Referendums vor.

Mit voller Härte ging die spanische Nationalpolizei am vergangenen Sonntag gegen Anhänger des Referendums vor.

Foto: dpa/Manu Fernandez

So entschuldigte sich Madrid für die Verletzten durch Polizeigewalt beim Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien. Der Vertreter der spanischen Zentralregierung für Katalonien, Enric Millo, sagte im katalanischen Fernsehsender TV3, er „bedauere“ die Verletzungen und bitte im Namen der Polizisten um Entschuldigung.

Zugleich gab Millo der katalanischen Regionalregierung die Hauptverantwortung für die Vorkommnisse vom Sonntag: Die Regionalregierung habe die Menschen angehalten, zu einer verbotenen Abstimmung zu gehen. Bei Zusammenstößen mit der spanischen Polizei waren während des Unabhängigkeitsreferendums am Sonntag hunderte Menschen verletzt worden.

Die Zentralregierung hatte mit einem großen Polizeiaufgebot versucht, das von der Justiz als rechtswidrig erklärte Referendum über eine Unabhängigkeit Kataloniens zu verhindern. Polizisten schlossen Wahllokale, beschlagnahmten Abstimmungsunterlagen und hinderten Menschen mit Schlagstöcken und Gummigeschossen an der Stimmabgabe. Bei dem Referendum stimmten 90 Prozent der Wähler für eine Abspaltung von Spanien.

Am Donnerstag untersagte das spanische Verfassungsgericht eine für Montag geplante Sitzung des katalanischen Regionalparlaments, bei dem die Unabhängigkeit der Region hätte ausgerufen werden können. Regionalpräsident Carles Puigde­mont will nun am Dienstag vor die Abgeordneten treten, wie ein Sprecher der Regionalregierung sagte. Vor dem Regionalparlament will Puigdemont das Endergebnis des Unabhängigkeitsreferendums präsentieren. Das Regionalparlament, in dem die Verfechter einer Abspaltung von Spanien seit der letzten Regionalwahl im September 2015 eine Mehrheit haben, könnte anschließend die Unabhängigkeit Kataloniens ausrufen.

Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy hat Verhandlungen oder eine Vermittlung ausgeschlossen, solange die katalanische Seite mit einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung droht. Madrid könnte sogar die Regionalregierung entmachten und Katalonien seinen Autonomiestatus entziehen, um eine Abspaltung zu verhindern.

Ein Vertreter der katalanischen Regionalregierung rief deswegen am Freitag zu einer „Waffenruhe“ auf. Santi Vila sagte im Radiosender Rac1, beide Seiten dürften keine voreiligen Schritte unternehmen.

In dem Konflikt mussten der katalanische Polizeichef Josep Lluís Trapero, eine Polizeivertreterin sowie zwei Anführer der Unabhängigkeitsbewegung am Freitag vor dem nationalen Strafgericht in Madrid aussagen. Ihnen wird im Zusammenhang mit einer Demonstration im September „aufrührerisches Verhalten“ vorgeworfen. Demonstranten hatten damals Angehörige der spanischen Guardia Civil stundenlang eingekesselt.

Trapero und die Unabhängigkeitsaktivisten Jordi Sánchez und Jordi Cuixart verließen das Gericht am Freitag als freie Männer. Die Staatsanwaltschaft beantragte nach Justizangaben weder U-Haft noch irgendwelche Auflagen. Die ebenfalls beschuldigte Polizeivertreterin hatte per Videoschaltung ausgesagt.

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