Oppositionskandidat vorn Machtwechsel im Kongo von Kabilas Gnaden?

Kinshasa · In der Demokratischen Republik Kongo, dem zweitgrößten Land Afrikas, könnte der erste demokratische Machtwechsel seit rund fünf Jahrzehnten stattfinden – doch große Zweifel bleiben.

 Demokratische Republik Kongo

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Foto: SZ/Müller, Astrid

Der Kandidat Félix Tshisekedi hat überraschend die Präsidentenwahl im früheren Zaire gewonnen. Der 55-jährige ist der Sohn des langjährigen Oppositionsführers Felix Tshisekedi, der 2017 starb. In vielen Drittweltländern würde ein Oppositionssieg als Beweis einer fairen Wahl gelten. Manipulationen wittern Beobachter eher, wenn die regierende Partei an der Macht bleibt.  Dennoch hegen auch diesmal wichtigen Wahlbeobachter Zweifel am Ergebnis. Der Zweitplatzierte Martin Fayulu sprach sofort von Wahlbetrug. 

Er lag mit 35 Prozent knapp hinter Tshisekedi mit 38 Prozent der Stimmen, wie die Wahlkommission gestern mitteilte. Und auch er ist ein Oppositionskandidat. Der Kandidat der Regierungspartei, Emmanuel Ramazani Shadary, kam nur auf knapp 24 Prozent. Für den Sieg bei der Präsidentenwahl vom 30. Dezember genügte eine einfache Mehrheit.

Die meisten Beobachter rechneten mit einem Sieg Shadarys, der vom scheidenden Präsidenten Joseph Kabila unterstützt wurde. Die im Kongo sehr einflussreiche katholische Kirche hatte bei der Abstimmung 40 000 Wahlbeobachter im Einsatz. Am Donnerstag erklärten die Bischöfe, die Ergebnisse der Wahlkommission „decken sich nicht mit den Ergebnissen unserer Beobachter“.

Unbestätigten Gerüchten zufolge verdankt Tshisekedi seinen Triumph einem geheimen Deal mit dem als korrupt geltenden Kabila. Demnach hätte Kabila die Wahl zu Tshisekedis Gunsten fälschen lassen, um sich selbst vor Strafverfolgung zu schützen. Damit sei die Sicherheit des scheidenden Präsidenten und seines Führungszirkels garantiert – und die von ihm bevorzugten Unternehmen würden wohl weiter gut im Geschäft bleiben. Kabila soll in seiner Amtszeit mit Lizenzen und Beteiligungen an Minengeschäften in dem sehr rohstoffreichen Land schwerreich geworden sein. „Der scheidende Präsident Joseph Kabila wird Tshisekedi beeinflussen können, weil dieser seinen Aufstieg an die Macht der Kontrolle Kabilas über die Wahlkommission verdankt“, erklärte Analyst Robert Besseling von der Risikoberatung ExxAfrica.  In einer Ansprache nach Bekanntgabe des Wahlsiegs zeigte sich Tshisekedi Medienberichten zufolge denn auch erstaunlich versöhnlich und erklärte, Kabila solle nicht mehr „als Gegner, sondern vielmehr als Partner“ betrachtet werden.

Der damals 29 Jahre Joseph Kabilla hatte die Macht 2001 von seinem Vater,  dem früheren Rebellenführer Laurent-Désiré Kabila geerbt, der von einem Bodyguard erschossen worden war.  Joseph Kabilla wurde 2006 und 2011 als Präsident höchst umstritten wiedergewählt und regierte mit harter Hand. Als seine Amtszeit 2016 endete, ließ er die Wahlen mehrfach verschieben. Nun durfte er sich nicht mehr bewerben.

Der neue Präsident des Kongo soll am 18. Januar vereidigt werden, obwohl die Wahl in einigen Regionen wegen der Unruhen und einer Ebola-Epidemie nicht stattfinden konnte. Damit waren rund 1,25 Millionen von 40 Millionen Wahlberechtigten ausgeschlossen. Ein friedlicher und demokratischer Machtwechsel an der Staatsspitze wäre ein Erfolg für den Kongo – ein Land, das flächenmäßig sechsmal so groß ist wie Deutschland.

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