Le Pen gibt den Trump – und trumpft auf

Lyon · Sie will Präsidentin werden: Rechtspopulistin Le Pen startet den Wahlkampf nach Art ihres Vorbilds. Ihr Motto:„Frankreich zuerst“.

() Marine Le Pen als französische Präsidentin? Lange galt das als unmöglich. Doch nach dem überraschenden Brexit-Votum und dem Sieg des Rechtspopulisten Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl gibt sich die rechtspopulistische Le Pen selbstbewusster denn je. Entsprechend startete sie gestern mit einem nationalistischen Wahlprogramm und viel Lob für den US-Präsidenten in den eigenen Wahlkampf. Bei der Vorstellung ihres Programms sprach sich die Vorsitzende des Front National (FN) in Lyon für einen EU-Austritt, eine strikte Begrenzung der Einwanderung und einen harten Kampf gegen den "islamistischen Fundamentalismus" aus - ganz in Trump-Manier.

Während ihr sozialliberaler Rivale Emmanuel Macron tags zuvor in der gleichen Stadt auftrat, präsentierte sich Le Pen gestern vor tausenden Anhängern als Kandidatin des Volkes. "Ich werde dem Volk seine Stimme zurückgeben", sagte die 48-Jährige und versprach, "als roten Faden immer an das nationale Interesse" zu denken. "Mein Versprechen ist es, Frankreich binnen fünf Jahren wieder in Ordnung zu bringen." Le Pens Programm listet 144 Wahlversprechen mit dem Tenor "Frankreich zuerst" auf: Unter anderem will sie der "Masseneinwanderung" ein Ende setzen, protektionistische Maßnahmen für die französische Wirtschaft ergreifen und sechs Monate nach einem Amtsantritt ein Referendum über einen Austritt Frankreichs aus der EU ("Frexit") abhalten. "Die Europäische Union ist gescheitert", sagte Le Pen. "Sie hat keines ihrer Versprechen eingehalten." Die Franzosen wollten wieder "frei" sein. Die FN-Chefin will auch den Schengenraum verlassen, wieder eine nationale Währung einführen und Frankreich aus der Nato-Kommandostruktur führen. Le Pens Wahlprogramm sieht eine "Null-Toleranz-Politik" gegenüber Kriminalität und mutmaßlichen Dschihadisten sowie 15 000 neue Polizistenstellen vor.

Ähnlich wie US-Präsident Trump im Wahlkampf zielt Le Pen damit auf Wähler ab, die sich als Verlierer der Globalisierung fühlen. Den US-Präsidenten lobte sie ausdrücklich: Er sei "gegen ein verschworenes System" gewählt worden, setze seine Wahlversprechen um und handle "schnell und stark im Interesse und nach dem Willen des Volkes".

Der Front National sieht sich durch den Brexit und Trumps Wahlsieg in seinem Kurs bestätigt. Umfragen sehen die Tochter von FN-Gründer Jean-Marie Le Pen derzeit bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am 23. April mit rund 25 Prozent auf dem ersten Platz. Es gilt aber als unwahrscheinlich, dass sie die Stichwahl am 7. Mai gewinnen kann: Umfragen zufolge würde sie dort sowohl dem unabhängigen Präsidentschaftskandidaten Macron als auch dem Konservativen François Fillon klar unterliegen. Allerdings ist Fillon durch eine Scheinbeschäftigungs-Affäre unter massiven Druck geraten und befindet sich in Umfragen im freien Fall.

Der Pro-Europäer Macron, der in Umfragen hinter Le Pen auf dem zweiten Platz liegt, präsentierte sich in Lyon unterdessen als frische Alternative zu den Vertretern der großen Parteien und ist für viele Franzosen ein Hoffnungsträger geworden. Rund 8000 Anhänger besuchten am Samstag Macrons Wahlkampfveranstaltung in Lyon, tausende weitere verfolgten sie wegen Platzmangels draußen auf einer Großleinwand. In seiner Rede griff Macron immer wieder Le Pen an.

Ein Sieg der Rechtsextremen im April und Mai sei "unwahrscheinlich", betont auch Erwan Lestrohan vom Meinungsforschungsinstitut BVA Opinion. Bei einer Wahlbeteiligung von 80 Prozent, wie sie bei französischen Präsidentschaftswahlen üblich ist, bräuchte Le Pen 18 Millionen Stimmen für eine Mehrheit. Doch davon war der FN immer weit entfernt. Die 25 Prozent im ersten Wahlgang, die Umfragen derzeit vorhersagen, entsprechen neun Millionen Stimmen - sie müsste in der Stichwahl also ihre Stimmenzahl verdoppeln. "Le Pen hat aber nur ein sehr begrenztes Stimmenreservoir", sagte Lestrohan. Im Klartext: Es dürfte ihr schwerfallen, viele Wähler hinzuzugewinnen. Allerdings war das Präsidentschaftsrennen auch bisher schon reich an Überraschungen.

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Die Frontfrau des Front National Marine Le Pen, Juristin und dreifache Mutter, führt seit 2011 den rechtsextremen Front National an - als Nachfolgerin ihres Vaters Jean-Marie. Bei der Präsidentschaftswahl 2012 holte sie in der ersten Runde fast 18 Prozent. Für die Präsidentenwahl im April kann sie mit 25 Prozent Zustimmung und dem Einzug in die Stichwahl rechnen.

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