Julia Klöckner „Ich mache keine Alles-oder-nichts-Politik“

Berlin · Julia Klöckner ist seit einem Jahr Ernährungs- und Landwirtschaftsministerin. Die 46-Jährige hat vieles angestoßen – und dafür auch Kritik geerntet. Ein Gespräch mit der CDU-Politikerin über mehr Tierwohl und weniger Zucker.

 Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner.

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner.

Foto: AP/Michael Sohn

Frau Klöckner, was hätte besser laufen können in ihrem ersten Jahr?

KLÖCKNER Viel haben wir angepackt und erreicht, es war ein mit Themen sehr kompaktes Jahr. Wenn es um Ernährung, Tierwohl, Landwirtschaft geht, reden fast alle mit, haben schnell eine Meinung – selbst zu komplexen Sachverhalten. Das ist wie beim Fußball – es gibt tausende beste Trainer. Aber wir reden in der Gesellschaft noch zu wenig ehrlich über die Zielkonflikte.

Und die wären?

KLÖCKNER Wir wollen sichere Ernten und einwandfreies Obst, aber keine Pflanzenschutzmittel, hohes Tierwohl, aber wenig für Fleisch bezahlen, wir beklagen, dass immer mehr kleine Produzenten dicht machen, aber formulieren immer mehr Anforderungen an sie, was deren Wettbewerbsfähigkeit erschwert.

Sie setzen in vielen Bereichen auf Freiwilligkeit. Machen Sie es der Wirtschaft damit nicht zu leicht?

KLÖCKNER Wann ist es eigentlich in Mode gekommen, dass wir glauben, je enger das staatliche Korsett desto besser?

Das war wohl schon immer so.

KLÖCKNER Ich setze auf Maß und Mitte, auf Verbindlichkeit – aber im Rahmen der europäischen Möglichkeiten, was erlaubt ist. Mein Tierwohlkennzeichen ist so aufgebaut wie das Bio-Siegel. Da sagt auch keiner, wir machen es der Wirtschaft zu leicht.

Sie kümmern sich auch um den gesundheitlichen Verbraucherschutz. Weshalb sind Sie gegen eine Zuckersteuer auf Softdrinks?

KLÖCKNER Wir gehen in Deutschland umfassender vor, sodass andere europäische Staaten das zum Vorbild nehmen wollen: Ich werde den Zucker-Zusatz in Baby-Tees verbieten, Babys brauchen das nicht. Darüber hinaus habe ich mit der Branche und der Wissenschaft überprüfbare Reduktionsziele bei Zucker, Salz und Fetten in Fertiglebensmitteln vereinbart. So wird es demnächst 15 Prozent weniger Zucker in Getränken, 20 Prozent weniger in Frühstückscerealien oder weniger Fette und Salz in Backwaren geben. Das ist ein Erfolg.

Das muss sich noch zeigen. Wie soll die Überprüfung aussehen?

KLÖCKNER Wir kontrollieren mit einem Gremium, ob gemachte Zielvereinbarungen eingehalten werden. Und wir setzen auf Innovation und Forschung – Produkte müssen nicht nur gesund sein, sondern auch schmecken. Sonst machen wir die Rechnung ohne den Verbraucher. Wieviel Zucker man reduzieren kann, ohne dass der Geschmack und die Konsistenz ganz kippen, das können Sie ja nicht in einem Gesetz festschreiben, man muss ausprobieren und forschen. Damit habe ich auch unser Max-Rubner-Institut beauftragt, da nicht jeder kleine Bäcker das selbst leisten kann.

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