Koalition streitet über Spätabtreibungen

Berlin. Die Zahl der Spätabtreibungen in Deutschland ist überschaubar. Das Statistische Bundesamt registrierte im Vorjahr 229 solcher Fälle. Das waren 0,2 Prozent aller knapp 117000 Abtreibungen. In der großen Koalition sorgt das Thema gleichwohl für viel Ärger. Denn die Union pocht auf Änderungen im Schwangerschaftskonfliktgesetz, um die vergleichsweise geringe Zahl weiter zu reduzieren

Berlin. Die Zahl der Spätabtreibungen in Deutschland ist überschaubar. Das Statistische Bundesamt registrierte im Vorjahr 229 solcher Fälle. Das waren 0,2 Prozent aller knapp 117000 Abtreibungen. In der großen Koalition sorgt das Thema gleichwohl für viel Ärger. Denn die Union pocht auf Änderungen im Schwangerschaftskonfliktgesetz, um die vergleichsweise geringe Zahl weiter zu reduzieren. Die SPD sieht dafür keinen gesetzlichen Handlungsbedarf.

Gestern wurde allerdings bekannt, dass ausgerechnet die frühere Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (Foto: ddp) den entsprechenden Unionsantrag als erste SPD-Abgeordnete mit unterzeichnet hat. Nötig sei ein "vernünftiges Gesamtkonzept, dass die Frauen stärkt und werdendes Leben schützt", meinte Schmidt zur Begründung. In der Union wurde sie dafür mit viel Lob bedacht. Der familienpolitische Sprecher der Union Johannes Singhammer (CSU) sprach von einem "wichtigen Signal" für die Stärkung der eigenen Position. Nach dem geltenden Recht sind Abbrüche auch nach der 22. Schwangerschaftswoche möglich, wenn der Arzt zu dem Schluss kommt, dass eine fortgesetzte Schwangerschaft die körperliche und seelische Gesundheit der Mutter oder gar ihr Leben gefährdet. Unter diesen Umständen lässt sich auch eine Abtreibung schwer behinderter Kinder begründen. Die Union sieht darin ein Einfallstor, dass zum Beispiel immer weniger Kinder mit dem Down-Syndrom, also einem möglichen geistigen Handicap geboren werden. Genaue Statistiken darüber gibt es allerdings nicht. Die SPD verweist im Gegenzug auf eine Mitteilung des Bundesfamilienministeriums aus dem Jahr 2004, wonach 80 Prozent der Spätabreibungen darauf zurückgehen, dass die Kinder außerhalb des Mutterleibes nicht lebensfähig gewesen wären.

Gleichwohl hält Singhammer die Abtreibung behinderter Föten für ein "gewaltiges Problem". Nach dem Entwurf der Union sollen die Ärzte künftig verpflichtet werden, Schwangere zu beraten sowie zwischen Beratung und Abbruch eine dreitägige Bedenkzeit einzuhalten. Missachtet der Arzt die Vorgabe, droht ihm ein Bußgeld von bis zu 10000 Euro. Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg Dietrich Hoppe, hatte sich hinter den Unionsantrag gestellt. "Die Beratungspflicht des Arztes und Angebote zu einer unterstützenden psychosozialen Beratung sowie die dreitägige Bedenkzeit müssen endlich gesetzlich verankert werden". Nur so könnten "Kurzschlusshandlungen" vermieden werden.

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