Knappe Mehrheit für das Schulobst-Programm

Berlin. So viel Vorsicht hat man nach einer Entscheidung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat selten erlebt. Zwar einigte sich das Gremium am Dienstagabend nach langem Streit darauf, dass das Schulobst-Programm der Europäischen Union nun doch von den Bundesländern mitfinanziert wird - nach Informationen unserer Zeitung mit denkbar knapper Mehrheit

Berlin. So viel Vorsicht hat man nach einer Entscheidung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat selten erlebt. Zwar einigte sich das Gremium am Dienstagabend nach langem Streit darauf, dass das Schulobst-Programm der Europäischen Union nun doch von den Bundesländern mitfinanziert wird - nach Informationen unserer Zeitung mit denkbar knapper Mehrheit. Doch die Zitterpartie ums Obst für Schüler im Alter von sechs bis zehn Jahren ist damit längst noch nicht vorbei. Darum geht es: Die Agrarminister der EU hatten im November letzten Jahres ein Schulobst-Programm beschlossen, um die Gesundheit zu fördern und den Bauern zu helfen. 90 Millionen Euro will die EU jedes Jahr dafür ausgeben. Für Deutschland stehen 12,5 Millionen Euro bereit, die aber mit einem Betrag in gleicher Höhe kofinanziert werden müssen. Nur von wem? Die Länder haben bisher immer auf Berlin verwiesen, weil das Programm schließlich auch der Absatzförderung dienen soll. Der Bund wiederum hat die Ansicht vertreten, dass Schule nun mal Ländersache ist, diese also für die Finanzierung zuständig seien. Ein entsprechendes Gesetz des Bundestages wurde in den Vermittlungsausschuss verwiesen. Am Dienstag drängten dort die Länder zunächst auf eine Vertagung, die aber mit 13 zu 13 Stimmen verhindert wurde. Denn dann hätte das Gesetz nach der Wahl neu verhandelt werden müssen, womit viel Zeit verloren gegangen wäre. Bei einer zweiten Abstimmung wurde dann mit knapper Mehrheit die vom Bundestag vorgeschlagene Bezahlung durch die Länder abgesegnet. Nun wird aber gezittert. Denn noch könnten die Ministerpräsidenten am 18. September im Bundesrat Einspruch einlegen. Sollten sie dies tun, so die Vorsitzende des Verbraucher- und Ernährungsausschusses, Ulrike Höfken (Grüne), würden sich "die vollmundigen Versprechen in Sachen gesunder Ernährung in Luft auflösen. Es geht schließlich nur darum, zusätzlich zu den wartenden EU-Mitteln vier Euro pro Kind und pro Jahr für ein bisschen Obst locker zu machen", so Höfken zu unserer Zeitung. An der Frage der Ernährung der Kinder "kann man die Glaubwürdigkeit der Landesregierungen, aber auch des Bundes ablesen". Auch Unions-Verbraucherexperte Peter Bleser appelliert, "dem Votum des Vermittlungsausschusses zu folgen". Die Frage ist nun: Werden die Länder, vor allem die von Union und SPD geführten, eine Woche vor der Bundestagswahl das Schulobstgesetz wieder zu Fall bringen, es zurück an den Bundestag überweisen, der aber wegen der Wahlen den Bundesrat nicht mehr überstimmen kann? Werden sie der Opposition eine solche Steilvorlage liefern? Insider glauben nicht daran. Zumal es ein Hintertürchen gibt: Jedes Land kann frei entscheiden, ob es am Programm teilnimmt. Sollten die Länder am 18. September keinen Einspruch einlegen, kann die Aktion noch im laufenden Schuljahr starten. has

HintergrundAuch im Falle eines Scheiterns des Schulobst-Programms der Europäischen Union wäre die saarländische Landesregierung bereit, allen Grundschülern im Land kostenloses Obst und Gemüse anzubieten. Das bestätigte Marcus Klein, Sprecher des Saar-Umweltministeriums, gestern unserer Zeitung. Klein: "Wir bauen jedoch darauf, dass das Gesetz in Kraft tritt und die EU-Mittel fließen. Wir machen uns im Plenum des Bundesrates für das Gesetz stark." Insgesamt 300 000 Euro an Landesmitteln habe das Ministerium ohnehin in diesem und im nächsten Haushaltsjahr für die Verpflegung der Schüler mit Obst und Gemüse eingeplant. "Je nachdem, wie viele Schulen sich beteiligen, kämen wir damit bis zum Frühjahr 2010 über die Runden", schätzt Klein. Passiere das am Dienstag vom Bundestag abgesegnete Gesetz am 18. September aber den Bundesrat, könne das Saarland mit rund 600 000 Euro kalkulieren. ko

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