Kirchenmann mit Krisenerfahrung

Düsseldorf. Manfred Rekowski ist kein Charismatiker. Der neugewählte Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland hat sich bislang als lösungsorientierter Organisator und Manager erwiesen, der Konflikte geschickt entschärfen und schwierige Veränderungen umsetzen kann

 Nikolaus Schneider (links) verabschiedet sich bei der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland aus dem Amt des Präses. Seine Nachfolge tritt Manfred Rekowski an. Fotos: dpa

Nikolaus Schneider (links) verabschiedet sich bei der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland aus dem Amt des Präses. Seine Nachfolge tritt Manfred Rekowski an. Fotos: dpa

Düsseldorf. Manfred Rekowski ist kein Charismatiker. Der neugewählte Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland hat sich bislang als lösungsorientierter Organisator und Manager erwiesen, der Konflikte geschickt entschärfen und schwierige Veränderungen umsetzen kann. Genau das wird von dem 54-jährigen Theologen offenbar erwartet, wenn er im März die Nachfolge von Nikolaus Schneider an der Spitze der zweitgrößten deutschen Landeskirche antritt.

"Ich spüre das Vertrauen, aber ich spüre durchaus auch die Last der Verantwortung", sagte er gestern unmittelbar nach seiner Wahl. Angesichts der Schwierigkeiten und Probleme wolle er sein Amt mit einer "gewissen Konzentration der Wirkung nach innen" ausüben - ein Hinweis auf die Vertrauenskrise in der rheinischen Kirche nach Millionenverlusten bei einer Kirchenfirma und nach umstrittenen Reformprojekten.

Rekowski soll wieder Vertrauen schaffen und trotz notwendigen Rückbaus für neue Aufbrüche sorgen. Das trauen ihm die Synodalen offensichtlich eher zu als Vizepräses Petra Bosse-Huber, die den Unmut der Basis über das Agieren der Kirchenleitung nach Einschätzung von Beobachtern letztlich mit ihrer zweiten Niederlage bei einer Präses-Wahl zu spüren bekam - im Jahr 2003 war sie Nikolaus Schneider knapp unterlegen.

Der siegreiche Kandidat hat sich das Thema Aufbruch bewusst auf die Fahnen geschrieben: Statt eines "weiter so" gelte es, Neues zu denken und zu wagen, sagte er bei seiner Vorstellung. Im Kern geht es um die Frage, wie der kirchliche Verkündigungsauftrag auch mit immer weniger Geld und immer weniger Mitgliedern erfüllt werden kann.

In dieser Frage hat sich der langjährige Wuppertaler Superintendent in den vergangenen 20 Jahren unfreiwillig zum Experten entwickelt: In der bergischen Metropole sank die Zahl der Gemeindeglieder seit 1980 um rund 45 Prozent. Negative Entwicklungen könnten ihn kaum noch erschrecken und auch im Umgang mit Konfliktsituationen sei er gestählt, sagt der bisherige Personaldezernent der rheinischen Kirche.

In seiner Wuppertaler Amtszeit wurden 60 Prozent der Pfarrstellen abgebaut und zahlreiche Kirchenhäuser geschlossen. Sein Anliegen sei trotzdem "nicht Insolvenzvermeidung, sondern die Kommunikation des Evangeliums", betont der Gelassenheit und Zuversicht ausstrahlende Theologe und verweist auf innovative Projekte wie Jugend- und Diakoniekirche.

Rekowski wurde am 11. Februar 1958 in Moythienen in Masuren geboren und wuchs ab dem fünften Lebensjahr im Ruhrgebiet und im Rhein-Sieg-Kreis auf. Nach Hauptschule und Mittlerer Reife machte er Abitur, studierte Theologie in Bethel, Marburg, Bochum und Wuppertal. Dort wurde er 1986 Pfarrer und 1993 mit 35 Jahren der jüngste Superintendent in der rheinischen Kirche - zunächst im Stadtteil Barmen, nach der von ihm vorangetriebenen Fusion mit Elberfeld 2005 dann erster Superintendent des neuen Kirchenkreises Wuppertal. Nach sieben Jahren nebenamtlicher Mitarbeit in der Kirchenleitung wurde Rekowski 2011 zum Oberkirchenrat gewählt. Er übernahm mit der Personalabteilung die Verantwortung für die knapp 2000 Theologen der rheinischen Kirche - eine Aufgabe, die ihm liegt.

Vor der neuen Rolle des Präses hat der bescheiden und zurückhaltend auftretende Theologe Respekt - zumal er auf größerer Bühne sein Profil noch schärfen muss. Er geht aber dank seines Leitungsverständnisses auch entspannt damit um: "Der Präses ist kein Vorturner und kein Solist." Er gebe zwar den Takt an, dürfe jedoch nicht "mit dem Masterplan um die Ecke kommen". Die rheinische Kirche vertrage mit ihrer Vielfalt keine zentralen Lösungen. Überhaupt müsse eine schrumpfende Kirche bunter und vielfältiger werden, statt großer Strukturen sei künftig "leichteres Gepäck" nötig, meint Rekowski, der gerne in Bildern und mit einer Prise Humor spricht.

S-Bahn statt Limousine

 Nikolaus Schneider (links) verabschiedet sich bei der Landessynode der evangelischen Kirche im Rheinland aus dem Amt des Präses. Seine Nachfolge tritt Manfred Rekowski an. Fotos: dpa

Nikolaus Schneider (links) verabschiedet sich bei der Landessynode der evangelischen Kirche im Rheinland aus dem Amt des Präses. Seine Nachfolge tritt Manfred Rekowski an. Fotos: dpa

Entspannen kann der Theologe, der statt mit repräsentativer Limousine mit Elektroauto und S-Bahn zum Landeskirchenamt fährt, beim Schwimmen oder bei der Gartenarbeit. Mit seiner Frau Birgit, die an einer Realschule unterrichtet, ist er seit 1980 verheiratet, das Paar hat zwei erwachsene Kinder. Aus der Haut fährt Rekowski nur selten - vielleicht am ehesten mit schwarz-gelbem Schal im Fußballstadion, wenn er seinen Lieblingsclub Borussia Dortmund mal live erlebt.

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