Kinderärzte fordern Pflicht zu Impfungen

Berlin · Die Impf-Müdigkeit macht den deutschen Kinderärzten Sorgen. Sie fordern deshalb verpflichtende Schutzimpfungen für alle Kinder, die staatliche Kitas oder Schulen besuchen.

Angesichts der bestehenden Impf-Lücken wollen die deutschen Kinder- und Jugendärzte den Schutz vor bestimmten Krankheiten zur Pflicht machen. Derzeit sind viele Kinder nicht wirksam gegen Masern , Röteln oder Windpocken geimpft. In Deutschland rangiere das Elternrecht noch immer vor dem Kindeswohl, sagte der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Wolfram Hartmann. Aus ärztlicher Sicht könne man "von unterlassener Hilfeleistung oder Vernachlässigung elterlicher Fürsorgepflicht sprechen", wenn ein Kind nicht den möglichen Schutz erhalte.

"Alle Appelle an Freiwilligkeit in den letzten zwei Jahrzehnten haben nicht ausgereicht", so Hartmann. Deshalb sei zumindest für Kinder in staatlichen Kindergärten und Schulen eine Impf-Pflicht erforderlich. Hartmann forderte die Bundesregierung auf, nationale Impf-Ziele definieren. Notwendig sei eine Rate von 95 Prozent der Bevölkerung. In den letzten Jahren waren die Impf-Quoten zwar stetig gestiegen. Beim Schutz gegen Masern , Mumps, Röteln oder Hepatitis B gibt es aber immer noch Lücken, besonders bei der Auffrischung. So liegt die aktuelle Quote für die erste Masern-Impfung bundesweit bei fast 97 Prozent. Für die zweite und entscheidende Behandlung liegt der Wert aber nur bei 92,4 Prozent. Unterhalb von 95 Prozent kann sich ein eingeschlepptes Masernvirus weiter verbreiten. Die Weltgesundheitsorganisation will diese Quote erreichen, um Masern und Röteln in Europa bis Ende 2015 auszurotten.

Im Gegensatz zu anderen Staaten besteht in Deutschland keine Impf-Pflicht. Bestimmte Impfungen können nach dem Infektionsschutz-Gesetz "öffentlich empfohlen" werden. Verantwortlich dafür sind die Gesundheitsbehörden der Länder. Nach den Erfahrungen der Kinderärzte lehnen es viele Eltern aus Angst vor Komplikationen ab, ihren Nachwuchs gegen gefährliche Erreger impfen zu lassen. Allein 2013 gab es in Deutschland noch 1769 Fälle von Masern . Mehr als die Hälfte der Betroffen waren älter als 15 Jahre. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU ) lehnt eine Impf-Pflicht bislang ab.

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