Spanien „Katalanischer Zirkus“ im Herzen Europas

Brüssel · Der abgesetzte Regierungschef von Katalonien, Carles Puigdemont, will seinen Kampf um die Unabhängigkeit von Brüssel aus weiterführen.

() Carles Puigdemont will sich nicht geschlagen geben. Der in Spanien wegen Rebellion angeklagte Ex-Regionalpräsident Kataloniens will nach der Flucht in die EU-Hauptstadt Brüssel nicht nach Spanien zurück, sondern aus dem Ausland „weiterarbeiten“. Als Präsident im EU-Exil, wie seine neue Webseite „president.exili.eu“ nahelegt.

Zur Vorladung des Staatsgerichtshofs heute wegen der schwerwiegenden Anklagepunkte werde Carles Puigdemont nicht erscheinen, ließ sein belgischer Anwalt wissen. Auch den danach möglichen europäischen Haftbefehl wolle man anfechten.

Es ist das nächste Kapitel der Krise um Katalonien, die mit einem illegalen Referendum begann, in die Unabhängigkeitserklärung vom vergangenen Freitag mündete und schließlich zur Direktverwaltung Madrids über die selbstbewusste Region führte. Puigdemont versucht nun, den Konflikt auf die europäische Ebene zu bringen – bisher vergeblich. Für Puigdemont wird es jetzt juristisch ernst. Wenn er nicht aussage, werde es wohl einen internationalen Haftbefehl geben, und die belgische Polizei werde ihn festnehmen, prognostizierte der spanische konservative Europa-Politiker, Esteban González Pons.

Das Versteckspiel des 54-Jährigen kommt immer schlechter an. Die Zeitung „El Periódico“ packte gestern aufs Titelblatt ein Foto Puigdemonts mit der Aufforderung „Präsident, lass es endlich!“ Puigdemont müsse aufhören, Katalonien Schaden zuzufügen. Seine Flucht habe die Region in eine Sackgasse geführt. Andere schreiben nur noch von einem „katalanischen Zirkus“, der die Region international ins Lächerliche ziehe.

Die Anhänger der Unabhängigkeit stehen nun vor einem Scherbenhaufen. Madrid könnte es gelungen sein, Puigdemont und mit ihm das Lager der hartnäckigsten Separatisten zumindest vorerst aufs politische Abstellgleis zu lenken. Selbst wenn der Wunsch nach Unabhängigkeit laut Umfragen sogar noch größer ist als vor dem Referendum.

Puigdemont unterstrich zwar, dass er in Belgien kein Asyl beantragen werde und sich nicht vor der Justiz verstecken wolle, signalisierte aber zugleich, dass er und einige seiner Minister vorerst den Sturm in Brüssel aussitzen würden. Für Belgien könnte ein wichtiger Grund gesprochen haben: Gerichte hatten dort zuletzt Vollstreckungen von europäischen Haftbefehlen blockiert, etwa im Fall einer mutmaßlichen Terroristin der baskischen Terrororganisation ETA.

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