Kanzlerin feiert mit dem Saarland 60 Jahre Volksabstimmung

Saarbrücken · Vor 60 Jahren sagten die Saarländer Nein zu einem unabhängigen Status und somit Ja zu Deutschland. Die Landesregierung sieht darin einen Grund zum Feiern. Andere Politiker beklagen verpasste Möglichkeiten.

Das Saarland feiert an diesem Wochenende den 60. Jahrestag der Volksabstimmung vom 23. Oktober 1955. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU ) nimmt an den Feierlichkeiten teil. Nach einem Festakt im Staatstheater eröffnet sie heute Abend zusammen mit Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU ) das zweitägige Bürgerfest auf dem Tbilisser Platz. Das Fest solle "den besonderen Charakter unseres Landes und seiner Bürger zeigen", erklärte Kramp-Karrenbauer. Die Saarländer hatten in der Abstimmung einen europäischen Status abgelehnt und so den Grundstein gelegt für den Beitritt zur Bundesrepublik 1957. "Gleichzeitig haben wir unsere europäische Rolle angenommen", sagte Europaminister Stephan Toscani (CDU ) gestern zur SZ. Das Saarland sei die Brücke zwischen Deutschland und Frankreich.

Im Vorfeld der Feierlichkeiten wurden jedoch auch kritische Stimmen zum Ausgang des Referendums vor 60 Jahren laut. Der Chef der Grünen-Landtagsfraktion, Hubert Ulrich , und der SPD-Europapolitiker Jo Leinen sehen darin eine "verpasste Chance". Das Saarland wäre heute "genauso wohlhabend wie Luxemburg, wenn die Bevölkerung das vorgeschlagene Europa-Statut für unser Land gewählt hätte", meinte Leinen. Ulrich sagte auf SZ-Anfrage, das Saarland hätte "eine wichtige Vorreiterrolle für die europäische Idee" spielen können. Aber auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und finanzpolitischen Entwicklung der letzten Jahrzehnte stelle sich die Frage, ob das Europa-Statut rückblickend nicht die bessere Entscheidung gewesen wäre, sagte Ulrich.

Leinen forderte die Landesregierung auf, sich "als Trostpflaster" darum zu bemühen, eine europäische Einrichtung nach Saarbrücken zu holen, zum Beispiel die Europäische Energieagentur. "Deutschland sollte wegen der besonderen Geschichte des Saarlandes die Ansiedlung europäischer, aber auch nationaler Institutionen in unserem Land unterstützen", sagte er.

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