Jeder Dritte wird nicht mehr nach Tarif bezahlt

Berlin · Einst genossen neun von zehn deutschen Arbeitnehmern die Sicherheit eines Tarifvertrags. Die Zeiten sind vorbei. Jeder dritte muss heute darauf verzichten und steht meist schlechter bei Sonderleistungen.

Die Tarifbindung der Arbeitnehmer in Deutschland hat nach neusten Zahlen stark abgenommen. In Westdeutschland arbeiten mittlerweile weit weniger als zwei Drittel der Beschäftigten bei tarifgebundenen Unternehmen. In Ostdeutschland ist es nicht einmal mehr die Hälfte. Das geht aus dem aktuellen Entwurf des Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung hervor, der unserer Zeitung vorliegt. Danach ist die Tarifbindung im Westen schon seit den 1970er Jahren im Sinkflug. Damals lag die Quote noch bei 90 Prozent. Aktuell sind 51 Prozent in Flächentarifen. Weitere acht Prozent der Beschäftigten arbeiten in Unternehmen mit Firmentarifverträgen.

In Ostdeutschland wurden schon 1998 nur 56 Prozent der Beschäftigten nach einem zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften ausgehandelten Flächentarifvertrag entlohnt. Mittlerweile liegt die Quote nur mehr bei 37 Prozent. Rund zwölf Prozent profitieren zudem von Firmentarifen. Unter dem Strich werden im Westen derzeit also rund 59 Prozent und in Ostdeutschland 49 Prozent nach Tarif bezahlt.

Kritiker haben immer wieder auf den Zusammenhang zwischen sinkender Tarifbindung und rückläufiger Lohnentwicklung hingewiesen

Im Hinblick auf bestimmte Sonderleistungen haben tarifgebundene Arbeitnehmer zudem grundsätzlich bessere Karten als Beschäftigte ohne Tarifvertrag. Nach Angaben der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung erhalten in diesem Jahr 71 Prozent der nach Tarif vergüteten Arbeitnehmer ein Weihnachtsgeld . Ist der Arbeitgeber nicht tarifgebunden, können sich nur 44 Prozent über die Sonderzahlung freuen. Ähnlich krass ist der Unterschied beim Urlaubsgeld. Bei Tarifbindung gab es in diesem Jahr zu 61 Prozent ein Urlaubsgeld. Von Beschäftigten ohne Tarifbindung erhielten es nur 32 Prozent.

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