Jede zweite Rente liegt unter 700 Euro

Berlin · Sozialverbände schlagen Alarm: Jede zweite gesetzliche Rente erreicht nicht das Hartz-IV-Niveau. Das zeigen aktuelle Zahlen der Rentenversicherung. Zugleich steigt die Zahl der Senioren, die einen Mini-Job ausüben, weiter an.

Fast jede zweite Rente in Deutschland liegt unter 700 Euro - und damit unter dem Niveau der Grundsicherung. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung Bund erhielten voriges Jahr 48,2 Prozent aller Alters- und Erwerbsunfähigkeitsrentner monatlich höchstens 699 Euro aus der Rentenkasse. Damit liegen ihre Bezüge unter der Summe, die Senioren im Schnitt als Grundsicherung inklusive Heizung und Miete zusteht. Bei den Neurentnern trifft dies sogar für knapp 55 Prozent zu. Besonders hoch ist der Anteil bei Frauen im Westen Deutschlands.

Die Zahlen belegen nach Ansicht von Bundesregierung und Rentenversicherung jedoch nicht, dass die Altersarmut zunimmt. Nach wie vor seien lediglich zwei Prozent der Rentner über 65 Jahren auf zusätzliche Grundsicherung angewiesen. Die Mini-Renten führen die Renten-Experten hauptsächlich darauf zurück, dass die Betreffenden nur kurz in die Rentenkasse einzahlten: etwa Selbstständige und Hausfrauen, aber auch Beamte, die ihr Berufsleben als Angestellte starteten. Geringe Renten würden "in der Regel" durch das Einkommen des Ehepartners oder aus anderen Sicherungssystemen ausgeglichen, heißt es im Alterssicherungsbericht der Bundesregierung. Demnach liegt das durchschnittliche Netto-Einkommen von Ehepaaren bei knapp 2400 Euro, das von Alleinstehenden bei gut 1400 Euro.

Der Sozialverband VdK warnte dennoch vor wachsender Altersarmut und forderte die Rücknahme der Rentenreformen. Die Rentner hätten seit 2004 einen Kaufkraftverlust von neun Prozent verkraften müssen, sagte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Sie verwies auf die steigende Zahl der Mini-Jobber im Rentenalter. 2012 hätten laut Arbeitsagentur 812 000 Rentner einen Mini-Job gehabt. 2003 waren es noch 595 433 gewesen. Der Sozialverband SoVD warf der schwarz-gelben Koalition vor, "mit Lippenbekenntnissen" in den Wahlkampf zu ziehen, statt ein "fest versprochenes Hilfspaket" auf den Weg zu bringen. SoVD-Chef Adolf Bauer erneuerte die Forderung seines Verbands nach einem steuerfinanzierten "Rentenzuschuss".

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