Ist der ADAC noch zu retten?

München · Am Ende geht er lieber selbst, als dass er sich vom Hof jagen lässt: ADAC-Präsident Meyer erklärt seinen Rücktritt – unmittelbar bevor bekannt wird, dass beim Autopreis „Gelber Engel“ auch an der Platzierung gedreht wur de.

Nach wochenlangen Querelen versucht der ADAC einen personellen Befreiungsschlag. Doch es wird ein Schlag ins Kontor. Statt eines kraftvollen Neuanfangs gibt es Streit und Chaos - gerstern Mittag tritt Präsident Peter Meyer zurück. Wie es dazu kam, ist jedoch strittig. Zunächst stellt es sich so dar: Weil Meyer partout nicht freiwillig gehen will, leitet das ADAC-Präsidium ein Suspendierungsverfahren gegen ihn ein. Meyer kommt dem Rauswurf zuvor und erklärt über den eigenen Regionalclub Nordrhein - statt über die Zentrale in München - seinen Rücktritt. Das Suspendierungsverfahren begründet die ADAC-Spitze mit der "aktuellen Vertrauenskrise des ADAC" sowie "der erschütternden Ergebnisse der aktuellen Krisenaufarbeitung". Meyer, heißt es ausdrücklich, übernehme nun die politische Verantwortung für das wochenlange Chaos beim ADAC.

Dieser Darstellung widerspricht Meyer in einer zweiten Stellungnahme am Nachmittag. Die Angaben des ADAC seien nicht richtig, heißt es da. Bei Meyer liest sich die Sache von Beginn an ganz anders. "Wenn die Gremien in Krisen eine Gefolgschaft nicht leisten, kann es keine strukturellen und unternehmenskulturellen Veränderungen im ADAC geben", schreibt der Ex-Präsident. Davon, dass er Verantwortung übernehmen wolle, findet sich kein Wort. Im Gegenteil: "Für Fehler und Manipulationen von hauptamtlichen Führungskräften, denen gemäß ADAC-Satzung die Besorgung der laufenden Geschäfte obliegt, möchte ich nicht länger alleine verantwortlich gemacht werden."

Immerhin gibt es in einem weiteren Punkt Klarheit: Gestern Nachmittag veröffentlichte der ADAC die ersten Ergebnisse einer Untersuchung der Unternehmensberatung Deloitte über die Manipulationen beim Autopreis "Gelber Engel". Nun steht fest, was seit Tagen berichtet und von vielen befürchtet wurde: Nicht nur die Teilnehmerzahlen wurden geschönt, auch die Rangfolge ist 2014 verfälscht worden. Der gefeuerte Kommunikationschef Michael Ramstetter setzte sich demnach am Vormittag der Ergebnisbekanntgabe in seinem Büro an den Computer, simulierte willkürlich die Stimmenzahlen und auch die Zuordnung der Stimmen. Eine groteske Vorstellung, dass bei Europas größtem Autoclub für seine mit viel Tamtam präsentierte Leserwahl der Pressechef morgens den Computer hochfährt und - womöglich gemütlich mit einer Tasse Kaffee in der Hand - aus dem Bauch heraus eine Last-Minute-Fälschung betrieb.

"Wir sind fassungslos, dass dies in unserem Haus passieren konnte", sagt ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair und bittet Mitglieder, Mitarbeiter und Autoindustrie um Entschuldigung. Doch Vergebung wird es nicht ohne Weiteres geben. Hersteller wie Daimler, BMW oder VW haben bereits angekündigt, ihre Auszeichnungen zurückzugeben. Noch unklar ist, ob auch in den Vorjahren gefälscht wurde. Anhaltspunkte gibt es dafür aber einige. Ramstetter muss sich nun auf rechtliche Schritte gefasst machen. Doch wusste sonst wirklich niemand Bescheid?

Ex-Präsident Meyer hatte wie Geschäftsführer Obermair stets betont, dass Ramstetter alleine gehandelt habe. Es ist offen, ob es die letzten Personalentscheidungen beim ADAC waren - oder ob noch andere "Obere" ihre Jobs verlieren. Der Imageschaden für den zweitgrößten Autoclub der Welt mit seinen fast 19 Millionen Mitgliedern ist bereits enorm. Und die Umstände von Meyers Abgang dürften den Lack nicht eben aufpolieren. Dabei gibt es neben dem "Gelben Engel" noch ganz andere Probleme. Das Amtsgericht München prüft den Vereinsstatus des ADAC, der Club steht als milliardenschwerer Konzern in der Kritik. Von Provisionen für Pannenhelfer bei der Vermittlung bestimmter Autobatterien bis zu angeblich fragwürdigen Testmethoden reichen die Vorwürfe, die in den vergangenen Wochen gegen den Club und seine Führung erhoben wurden.

Bundesverbraucherminister Heiko Maas (SPD) sagte jedenfalls, Meyers Abschied werde nicht genügen, um wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen. "Dieser Rücktritt wird allein nicht ausreichen", sagte der Minister. Ruhe wird in den kommenden Tagen im schicken Büroturm des ADAC also eher nicht einkehren. Die Aufarbeitung der Skandale und Mauscheleien hat wohl soeben erst begonnen.

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