Israel drängt auf Militärschlag gegen den Iran

Washington · Washington. Bevor der Gast das Weiße Haus verließ, gelobte er, die Debatte über einen Militärschlag gegen den Iran daheim nicht weiter anzuheizen

 Noch setzen die USA im Dauerkonflikt mit dem Iran auf Sanktionen und eine diplomatische Lösung. Gleichzeitig betonen sie aber, dass sie sich auch eine militärische Option offenhalten - darum patrouilliert der Flugzeugträger USS Abraham Lincoln im Persischen Golf. Foto: dpa

Noch setzen die USA im Dauerkonflikt mit dem Iran auf Sanktionen und eine diplomatische Lösung. Gleichzeitig betonen sie aber, dass sie sich auch eine militärische Option offenhalten - darum patrouilliert der Flugzeugträger USS Abraham Lincoln im Persischen Golf. Foto: dpa

Washington. Bevor der Gast das Weiße Haus verließ, gelobte er, die Debatte über einen Militärschlag gegen den Iran daheim nicht weiter anzuheizen. US-Präsident Barack Obama hatte Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu (Spitzname "Bibi") darum gebeten, weil dies den Ölpreis nur weiter nach oben treibe und dem iranischen Regime damit Reserven in die Kasse spült, die es für sein Atomprogramm gut gebrauchen kann. Das Versprechen währte nicht einen Tag. Da stand "Bibi" vor den 13 000 Teilnehmern der Konferenz der Pro-Israel-Lobby Aipac in Washington und argumentierte für einen Alleingang gegen die Mullahs."Keiner von uns kann es sich leisten, länger zu warten", meinte Netanjahu in seiner kämpferischen Rede. "Als Ministerpräsident von Israel werde ich niemals zulassen, dass mein Volk im Schatten seiner Auslöschung lebt." Die Wirtschaftssanktionen hätten Irans Marsch hin zur Fähigkeit, Nuklearwaffen zu bauen, nicht gestoppt. Israel bevorzuge eine diplomatische Lösung, sei aber darauf eingestellt, auf eigene Faust zu handeln, um den Iran daran zu hindern, eine Atombombe zu bekommen. "Stellen Sie sich vor, wie die sich benehmen, wenn sie morgen Nuklearwaffen haben."

Wenn die Rede Netanjahus vor der Aipac-Konferenz ein Maßstab für den Verlauf der dreistündigen Gespräche mit Obama im Weißen Haus war, dann dürften sich die Positionen beider Seiten kaum angenähert haben. Offenbar verpuffte der dringende Appell des Präsidenten unerhört, den gerade erst verhängten Sanktionen Zeit zu geben und die mühsam aufgebaute internationale Koalition nicht zu gefährden.

Dabei hatte Obama unmissverständlich klargemacht, dass seine Politik nicht darauf abzielt, den Iran einzudämmen, sondern aktiv am Erwerb einer Nuklearwaffe zu hindern. "Mit allen Optionen", wie er in Anwesenheit Netanjahus betonte. Er machte darauf aufmerksam, dass die volle Wucht des Öl-Embargos und der Sanktionen gegen die iranische Zentralbank erst im Sommer spürbar werde. "Wir glauben, dass es noch immer ein Zeitfenster gibt, dieses Problem diplomatisch zu lösen", sagte Obama. Das war nicht das, was Netanjahu hören wollte. Deswegen beeilte er sich hervorzuheben, dass der Präsident Israel das Recht zugesprochen habe, aus seiner Souveränität heraus eigene Entscheidungen für seine Sicherheit zu treffen. Während beide Seiten im Ziel übereinstimmen, den Iran daran zu hindern, eine Atommacht zu werden, will sich Israel dabei nicht in die Abhängigkeit der USA begeben.

Für Netanjahu ist die Schmerzgrenze erreicht, wenn der Iran die Fähigkeit hat, eine Bombe zu bauen. Die USA dagegen wollen abwarten, bis die iranische Führung explizit die Entscheidung dazu trifft und mit dem tatsächlichen Bau beginnt.

Das Regime in Teheran signalisierte gestern, es sei bereit, ein Inspektorenteam der Internationalen Atomaufsichtsbehörde IAEA Zugang zu dem geheimen Militärkomplex von Parchin zu geben. Dort sollen die Iraner nach Geheimdienst-Informationen Experimente in einem geschlossenen Container durchgeführt haben - möglicherweise ein Hinweis auf die Militarisierung des iranischen Atomprogramms.

Während Obama versucht, Netanjahu vor einem Militärschlag abzubringen, stimmen die Republikaner in das Kriegstrommeln ein. Der Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, verlangte, die USA müssten "überwältigende Macht einsetzen", falls der Iran damit beginne "waffenfähiges Uran anzureichern". Der mögliche Gegenspieler Obamas im Herbst, Mitt Romney, hielt dem Präsidenten in einem Meinungsbeitrag für die Zeitung "Washington Post" vor, herumzulavieren. "Die Vereinigten Staaten können es sich nicht leisten, Iran Nuklearwaffen bekommen zu lassen. Unter Barack Obama ist das der Kurs, auf dem wir uns befinden."Foto: dpa

Meinung

Obama wartet

zu Recht ab

Von SZ-KorrespondentThomas Spang

Wieder dröhnt der Schlag der Kriegstrommeln durch Washington. Mit dem Unterschied, dass im Weißen Haus ein Friedensnobelpreisträger sitzt, der aus dem Desaster im Irak gelernt hat. Niemand sollte den geringsten Zweifel daran haben, dass Obama meint, was er sagt, wenn er den Iran davor warnt, sich atomar zu bewaffnen. Die USA werden dies nicht zulassen. Aber sie ziehen diesmal auch nicht auf den bloßen Verdacht hin in einen Konflikt, der einen Flächenbrand auslösen könnte. Anders als Bush hat Obama eine breite Koalition geschmiedet, die gerade erst ein schmerzhaftes Öl-Embargo gegen die Mullahs verhängt hat. Zu Recht will der Präsident diesen Sanktionen Zeit lassen, ihre Wirkung zu entfalten.

Auf einen Blick

Das "American Israel Public Affairs Committee" (Aipac) gilt als mächtigste Lobby israelischer Interessen in den USA. In der Organisation mit Sitz in Washington engagieren sich etwa 100 000 Aktivisten, Juden und Nicht-Juden, über Parteigrenzen hinweg für ein Ziel: die Festigung der Verbindungen beider Länder.

In den USA kommt die Politik nicht an den Freunden Israels vorbei: Die Lobby wacht über alle Gesetze, die Israels Interessen berühren könnten. Mangelnde Unterstützung Israels oder gar eine israelfeindliche Haltung können die Chancen bei Wahlen deutlich schmälern.

Zu den mittelbaren und unmittelbaren Erfolgen von Aipac zählt die massive finanzielle Unterstützung der USA für Israel von jährlich drei Milliarden Dollar (2,3 Milliarden Euro), größtenteils als Militärhilfe. dpa

Hintergrund

Die westlichen Staaten befürchten, dass der Iran mit Hilfe seines Kernenergieprogramms auch Atomwaffen bauen will. Ein Überblick über Irans Nuklearanlagen:

Parchin: Im Januar und Februar verweigerte der Iran IAEA-Inspekteuren den Zugang zur Militäranlage Parchin südöstlich von Teheran. Möglicherweise wurden dort Tests mit Atomsprengköpfen simuliert.

Fordo: Erst 2009 gab Teheran die Existenz dieser lange geheim gehaltenen Anreicherungsanlage südlich von Teheran zu. Damals war sie noch nicht in Betrieb.

 Noch setzen die USA im Dauerkonflikt mit dem Iran auf Sanktionen und eine diplomatische Lösung. Gleichzeitig betonen sie aber, dass sie sich auch eine militärische Option offenhalten - darum patrouilliert der Flugzeugträger USS Abraham Lincoln im Persischen Golf. Foto: dpa

Noch setzen die USA im Dauerkonflikt mit dem Iran auf Sanktionen und eine diplomatische Lösung. Gleichzeitig betonen sie aber, dass sie sich auch eine militärische Option offenhalten - darum patrouilliert der Flugzeugträger USS Abraham Lincoln im Persischen Golf. Foto: dpa

Buscher: In den beiden Atomreaktoren im Südwesten des Landes wurden im Oktober 2010 die ersten aus Russland gelieferten Brennelemente geladen - 35 Jahre nach Baubeginn. Im September 2011 ging Irans erstes Atomkraftwerk offiziell in Betrieb. dpa

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