Bannon bei „Breitbart“ „Ich ziehe für Trump in den Krieg“

Washington · Steve Bannons Zeit im Weißen Haus ist vorbei. Doch die Geschichte des Chefstrategen des Präsidenten ist es noch lange nicht.

 Ein Bild vergangener Tage: US-Präsident Donald Trump spricht im März über Cyber-Sicherheit. Chefstratege Steve Bannon hört zu, zieht im Hintergrund aber die Fäden im Weißen Haus.

Ein Bild vergangener Tage: US-Präsident Donald Trump spricht im März über Cyber-Sicherheit. Chefstratege Steve Bannon hört zu, zieht im Hintergrund aber die Fäden im Weißen Haus.

Foto: dpa/Evan Vucci

Der Tag, an dem Steve Bannon gefeuert wurde, war noch nicht zu Ende, da saß Donald Trumps Chefideologe schon wieder unter alten Vertrauten, um eine Sitzung zu leiten. Kaum aus dem Weißen Haus entlassen, übernahm er wieder die Leitung von „Breitbart News“, der Online-Plattform, aus der er im Wahlkampf ein rechtspopulistisches Sprachrohr des New Yorker Baulöwen gemacht hatte.

Bannon denkt nicht daran, sich ins Privatleben zurückzuziehen, so viel ist bereits klar. Er bleibt auf der politischen Bühne, im Ton so ruppig wie immer. Noch am Freitag skizzierte er im „Weekly Standard“, einer konservativen Zeitschrift, wie er sich die Zukunft vorstellt. „Die Trump-Präsidentschaft, für die wir gekämpft und die wir gewonnen haben, ist passé“, sagte er und schob Sätze hinterher, die klangen, als wechsle er vom Kabinett direkt in den Widerstand. „Jetzt bin ich frei. Ich habe meine Waffen wieder zur Hand. Jemand hat gesagt, das ist Bannon, der Barbar. Ich werde die Opposition zerquetschen, daran kann kein Zweifel bestehen.“ Er habe bei „Breitbart“ eine verdammt gute Maschine gebaut, die werde er jetzt auf Touren bringen – und „für Trump in den Krieg ziehen“.

Mit der Opposition sind weniger die Demokraten im Kongress gemeint als vielmehr seine Widersacher im Westflügel des Weißen Hauses – Leute, die er „Globalisten“ nennt. Allen voran der Ex-General Herbert Raymond McMaster, Trumps Sicherheitsberater, und der ehemalige Goldman-Sachs-Banker Gary Cohn, der ranghöchste Wirtschaftsratgeber. Dazu Jared Kushner, der Schwiegersohn des Präsidenten. Das Tauziehen zwischen einer weltoffeneren Fraktion und nationalistischen Hardlinern werde auch dann weitergehen, wenn Steve Bannon nicht mehr am Kabinettstisch sitze, orakelt Robert Costa, ein Reporter der „Washington Post“. Im Korsett einer Regierung zu arbeiten, das sei ohnehin schwierig gewesen für einen Mann wie Bannon, der das System durcheinander wirbeln wollte.

Beim ersten Mal, als sich die Wege Bannons und Trumps kreuzten, 2011, soll der Funke sofort übergesprungen sein. Bannon war ein rechter Aktivist und eher obskurer Filmemacher, Trump der Star der Fernsehshow „The Apprentice“ (“Der Lehrling“), deren Quoten allmählich sanken. „Es hat sofort geklickt zwischen den beiden“, schreibt der Journalist Joshua Green in seinem gerade erschienenen Buch „Devil’s Bargain“ (“Teufelshandel“). Wie Trump habe Bannon mehrere Ehen durchlaufen, „ein reicher Mensch mit dem Temperament eines Vulkans, poltrig und meinungsstark und niemals von Selbstzweifeln befallen“. Bannon, schreibt Green, habe den Tycoon mit einem vollständig ausgeformten, in sich geschlossenen Weltbild ausgestattet, das sich mit Trumps eigenen Gefühlen zu globalem Handel und ausländischen Bedrohungen überschnitt.

Zudem fand Trump Gefallen an Außenseitern wie Bannon, weil er selber einer war. In New York hatte sich sein Vater Fred mit Bauprojekten in Brooklyn begnügt, zweite Liga, und als er selber auf der Wolkenkratzerinsel Manhattan mitzumischen begann, wurde er anfangs nur belächelt von den Platzhirschen der ersten Liga. Bannon, der Sohn eines Telefoningenieurs, ging zur Kriegsmarine, studierte in Harvard und wurde Investmentbanker bei Goldman Sachs, bevor er in Beverly Hills eine eigene, aufs Filmgeschäft spezialisierte Bank gründete. Allein die Serie „Seinfeld“, an der er Anteile erwarb und die zum Hit wurde, ließ ihn ein Vermögen scheffeln. Nach der Finanzkrise des Jahres 2008 machte er das Establishment Washingtons, Demokraten wie Republikaner, für den Crash verantwortlich. Deren wertefreie Gesellschaftspolitik habe eine Kultur geschaffen, die der  Wall Street das Gefühl vermittelte, nunmehr sei alles erlaubt, abenteuerliche Finanzakrobatik eingeschlossen.

Später machte er die Bekanntschaft Robert Mercers, eines Hedgefonds-Managers, der Aktivisten unterstützte, die Maschinengewehre sammelten und in Klimaverträgen ein Komplott der Uno gegen die USA sehen. Mercer spendete, damit Bannon sein Korrespondentennetz bei „Breitbart“ ausbauen konnte. Im August 2016 legte er Trump ans Herz, seinem Protegé die Leitung der seinerzeit schwächelnden Kampagne zu übertragen. Trump folgte dem Rat, was zur Folge hatte, dass eine Parole Bannons immer stärker in den Vordergrund rückte: America first.

Er sei Thomas Cromwell am Hofe der Tudors, frohlockte der Stratege nach der gewonnenen Wahl und beanspruchte die Rolle des Rebellen, der am Königshof Köpfe rollen ließ. „Finsternis ist gut. Dick Cheney. Darth Vader. Satan. Das bedeutet Macht.“ Es war Bannon, der Trumps düstere Rede zur Amtseinführung skizzierte. Es war Bannon, der Regie führte, als Trump einen Einreisestopp für Bürger aus sieben islamisch geprägten Ländern erließ. Es war Bannon, der protektionistischen Mauern das Wort redete, um den Vormarsch Chinas aufzuhalten.

Es dauerte nicht lange, da porträtierte ihn die Satireshow „Saturday Night Live“ als allmächtigen Sensenmann, der über Leben und Tod entscheidet. Es gibt eine Szene, in der er Trump auffordert, den Schreibtisch im Oval Office für ihn zu räumen und stattdessen am Katzentisch Platz zu nehmen, was Trump mit der Servilität eines Untergebenen tut. Der Sketch, heißt es, habe den Präsidenten schwer geärgert, ebenso wie ein Titel des Magazins „Time“, auf dem Bannon als „Großer Manipulator“ abgebildet wurde. Trump hasst es, wenn ihm jemand das Rampenlicht streitig macht. Bannon sei auch nur „ein Kerl“, der für ihn arbeite, stutzte er seinen Assistenten schon im April öffentlich zurecht. Wenn es ein Warnschuss war, dann hat Bannon ihn nicht gehört.

Vergangene Woche rief er Robert Kuttner an, den Chefredakteur des „American Prospect“, einer linken Publikation. Er sprach von seinen Kontrahenten, ließ den Namen Cohn fallen und prahlte, er werde im Pentagon wie im Außenministerium eigene Leute einschleusen, um seine Ziele zu fördern, besonders einen härteren Kurs gegenüber China. „Die machen sich in die Hosen“, witzelte er über seine Rivalen. Es war wohl der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

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