Hotels kontra Herbergen

Brüssel · Deutschlands Jugendherbergen stehen im Zentrum eines EU-Verfahrens wegen staatlicher Beihilfen. Die Konkurrenz vom Hotel- und Gaststättenverband sieht eine „Wettbewerbsungleichheit“.

 Jugendherbergen, wie hier in Bad Zwischenahn, machen längst den Hotels Konkurrenz. Foto:dpa

Jugendherbergen, wie hier in Bad Zwischenahn, machen längst den Hotels Konkurrenz. Foto:dpa

Generationen von Kindern, Familien und Jugendgruppen haben Erinnerungen an bunte Abende, Küchendienste und Mehrbettzimmer in Jugendherbergen. Doch um die längst hochmodernen, meist idyllisch gelegenen Häuser ist ein Streit vor der Europäischen Kommission entbrannt, angezettelt von der Konkurrenz : den Hotels. Aber nicht nur deren Dachverband Dehoga, sondern auch dem Chef der Hostelkette A&O, Oliver Winter, sind die als gemeinnützig anerkannten Jugendherbergen ein Dorn im Auge. Schließlich, so argumentierte er in einer Klage nach Brüssel , sei der Deutsche Jugendherbergsverband (DJH) von der siebenprozentigen Umsatzsteuer befreit und erhalte zusätzlich öffentliche Gelder für Um- und Neubauten. Der Verdacht: Es könnte sich hierbei um staatliche Beihilfen handeln, die den Wettbewerb verzerren.

Im Wettbewerbskommissariat muss man solchen Einwänden nachgehen. Nun, so bekräftigte eine Sprecherin der zuständigen Kommissarin Margrethe Vestager, sei man zu einer vorläufigen Einschätzung gekommen: Die Steuerbefreiung wird am Ende offenbar nicht beanstandet. Die stamme nämlich aus dem Jahr 1927 und falle damit unter eine Regelung des Gründungsvertrages der Europäischen Gemeinschaft, der 1957 unterzeichnet wurde. Demnach wirken die Bestimmungen nicht in die Vergangenheit und dürfen diese auch nicht korrigieren. Damit bestätigt die Kommission, was das Bundeswirtschaftsministerium vorab rausgelassen hatte - jedoch nur kurz und einsilbig. Denn man fürchtet, dass da doch noch einiges nachkommen könnte.

In Brüssel hat man aus einem Vorgang nämlich zwei gemacht. Neben der Befreiung von der Umsatzsteuer, die wohl tatsächlich vom Tisch sein dürfte, geht es um die laufende öffentliche Förderung für Um- und Neubauten, teilweise auch um die mietfreie Überlassung von Gebäuden an den DJH. Geschäftsführer Bernd Dohn hatte in der Vergangenheit mehrfach betont, der steuerliche Sonderstatus sei berechtigt. "Wie viele andere Träger im Bereich der Jugendhilfe erhalten wir für unsere gemeinnützige Arbeit gemäß der einschlägigen Verordnung eine öffentliche Unterstützung." Die Vertreter der Hotelbranche sehen das allerdings anders. Sie verweisen auf das inzwischen breiter gewordene Angebot der DJH-Häuser, das auch Tagungen, Akademien, ja sogar Urlaube umfasst.

Selbst Geschäftsleute würden längst kostengünstig dank öffentlicher Unterstützung in den Herbergen einkehren. Von einer "Wettbewerbsungleichheit" spricht man deshalb beim Hotel- und Gaststättenverband. 10,2 Millionen Übernachtungen zählte der DJH in seinen 513 Häusern bundesweit. Die daraus resultieren Einnahmen werden auf 300 Millionen geschätzt. Nach eigenen Angaben erhält das Jugendherbergswerk etwa drei Millionen an Zuschüssen von Bund und Ländern, die in den Bau und den Erhalt der Häuser fließen.

Die Rechnung der Kritiker fällt anders aus: A&O-Chef Winter spricht von 120 Millionen Euro, mit denen die öffentliche Hand die Herbergen subventioniere. In Brüssel betont man, dass es noch keine "formale Position" gebe. Die Untersuchungen liefen weiter. Sie sind auch zeitlich nicht befristet. Wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist, sei "offen".

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HintergrundIn den fünf saarländischen Jugendherbergen wurden im Vorjahr rund 53 500 Gäste und insgesamt knapp 119 000 Übernachtungen gezählt. Das teilte der DJH-Landesverband auf SZ-Anfrage mit. Die meisten Übernachtungen gab es mit rund 37 500 in Saarbrücken, dahinter folgen Homburg (26 500), Tholey (21 000), Mettlach-Dreisbach (19 300) und Weiskirchen (14 800). tho

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